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Otto Cartellieri:
pilliez“, flucht der Armagnake 1. Die Kerker füllen sich. Der
Henker kommt nicht zur Ruhe. Die Burgundischen müssen sich
verängstigt in geheime Schlupfwinkel verkriechen. Vergeblich
sucht Herzog Johann, mit Heeresmacht die Hauptstadt wieder
zu gewinnen: zum erstenmal versagt der Zauher des burgundischen
Namens. Die Armagnaken erheben immer siegesfroher ihr Haupt.
Die Zeit der Rache ist gekonnnen. Wie einst auf Johanns Befehl
gegen die Orleans, so zieht jetzt auf ihr Geheiß des Ivönigs Majestät
gegen Johann. Des ungehorsamen Vasallen und Verräters Ivron-
lehen, Burgund und Flandern, Artois und die anderen reichen
Lande, sollen mit Waffengewalt eingezogen werden. Ein Ketzer-
gericht droht dem Doyen der Pairs.
Der Feldzug beginnt im Frühjahr 1414. Zunächst nur Erfolge.
Gompiegne muß sich ergeben, Soissons wird im Sturm genommen.
Der burgundische Kommandant Enguerran von Bournonville
wird enthauptet. Vergeblich legen ,,für die Blüte aller Kapitäne
Frankreichs“ die Kriegsleute Fürbitte ein, der Rachedurst der
Machthaber erstickt jegliches Gefühl der Ritterlichkeit. Die
Armagnaken rücken frohlockend in die Grafschaft Artois und
besetzen Bapaume. Als sie sich aber anschicken, Arras zu erobern 2,
verläßt sie das Glück. Die Belagerung macht keine Fortschritte.
Die burgundische Garnison verteidigt heldenmütig die Stadt,
welche gut verproviantiert, trefflich geschützt und geschirmt ist.
Woche auf Woche vergeht. Die Belagerung macht keine Fort-
schritte. Im Heere des Königs regt sich lebhafte Ungeduld. Die
Friedenspartei wagt sich zimächst schüchtern, dann immer stärker
hervor. Denn an offenen und heimlichen Freunden und Anhängern
fehlt es dem Burgunder nicht, von jenem Artilleristen an, der ge-
schickt die Geschosse der gewaltigen Wurfmaschine ,,La Bour-
geoise“ über die Mauern der Stadt weg zu lenken weiß, bis in
die hohen und höchsten Kreise der Prinzen imd Herren. Die
Lagerseuche wütet unheimlich. Vor Bourges ist ihr der vielver-
sprechende Sohn des Herzogs der Bretagne zum Opfer gefallen.
Streckt sie womöglich wieder nach einem Prinzen gierig die
Fangarme aus ? Ist es nicht ein frevelhaftes Spiel mit der Glücks-
göttin, den armen kranken König in solcher Gefahr zu lassen ?
So groß die Kriegslust bei dem Dauphin, Herzog Ludwig von
Guyenne, gewesen war, so groß war jetzt der Friedenseifer. Bislang
1 Bourgeois de Paiis 46. — Ich gebe hier nur die notwendigsten Belege.
2 Am 20. Juli 1414 begann die Belagerung.
Otto Cartellieri:
pilliez“, flucht der Armagnake 1. Die Kerker füllen sich. Der
Henker kommt nicht zur Ruhe. Die Burgundischen müssen sich
verängstigt in geheime Schlupfwinkel verkriechen. Vergeblich
sucht Herzog Johann, mit Heeresmacht die Hauptstadt wieder
zu gewinnen: zum erstenmal versagt der Zauher des burgundischen
Namens. Die Armagnaken erheben immer siegesfroher ihr Haupt.
Die Zeit der Rache ist gekonnnen. Wie einst auf Johanns Befehl
gegen die Orleans, so zieht jetzt auf ihr Geheiß des Ivönigs Majestät
gegen Johann. Des ungehorsamen Vasallen und Verräters Ivron-
lehen, Burgund und Flandern, Artois und die anderen reichen
Lande, sollen mit Waffengewalt eingezogen werden. Ein Ketzer-
gericht droht dem Doyen der Pairs.
Der Feldzug beginnt im Frühjahr 1414. Zunächst nur Erfolge.
Gompiegne muß sich ergeben, Soissons wird im Sturm genommen.
Der burgundische Kommandant Enguerran von Bournonville
wird enthauptet. Vergeblich legen ,,für die Blüte aller Kapitäne
Frankreichs“ die Kriegsleute Fürbitte ein, der Rachedurst der
Machthaber erstickt jegliches Gefühl der Ritterlichkeit. Die
Armagnaken rücken frohlockend in die Grafschaft Artois und
besetzen Bapaume. Als sie sich aber anschicken, Arras zu erobern 2,
verläßt sie das Glück. Die Belagerung macht keine Fortschritte.
Die burgundische Garnison verteidigt heldenmütig die Stadt,
welche gut verproviantiert, trefflich geschützt und geschirmt ist.
Woche auf Woche vergeht. Die Belagerung macht keine Fort-
schritte. Im Heere des Königs regt sich lebhafte Ungeduld. Die
Friedenspartei wagt sich zimächst schüchtern, dann immer stärker
hervor. Denn an offenen und heimlichen Freunden und Anhängern
fehlt es dem Burgunder nicht, von jenem Artilleristen an, der ge-
schickt die Geschosse der gewaltigen Wurfmaschine ,,La Bour-
geoise“ über die Mauern der Stadt weg zu lenken weiß, bis in
die hohen und höchsten Kreise der Prinzen imd Herren. Die
Lagerseuche wütet unheimlich. Vor Bourges ist ihr der vielver-
sprechende Sohn des Herzogs der Bretagne zum Opfer gefallen.
Streckt sie womöglich wieder nach einem Prinzen gierig die
Fangarme aus ? Ist es nicht ein frevelhaftes Spiel mit der Glücks-
göttin, den armen kranken König in solcher Gefahr zu lassen ?
So groß die Kriegslust bei dem Dauphin, Herzog Ludwig von
Guyenne, gewesen war, so groß war jetzt der Friedenseifer. Bislang
1 Bourgeois de Paiis 46. — Ich gebe hier nur die notwendigsten Belege.
2 Am 20. Juli 1414 begann die Belagerung.