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Thiersch, Hermann; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1913, 4. Abhandlung): Ein parthenonisches Giebelproblem — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.33047#0022
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22

H. Thiersch:

und 5), ganz gleich eng ineinander wie die drei Moiren. Zwischen
D und E klafft kein Spalt, der linke Arm des Jünglings D ver-
schwindet sogar z. T. hinter dem Gewand der ihm zunächst sitzenden
weiblichen Gestalt E. Wir können sogleich konstatieren: 1. eine in
sich geschlossene Trias, 2. innerhalb derselben eine Differenzierung,
sehr ähnlich der drüben, ja rein räumlich von der Giebelmitte aus
gerechnet, sogar genau mit ihr übereinstimmend: nämlich D -j- (E
-j- F) wie dort (K -|- L) -f- M. Das heifit: gegen die Giebelmitte zu je
ein sitzender Dual, rein äuherlich schon als Zwillingspaar charakte-
risiert, und dann, bequem gelagert, gegen das Giebelende zu je ein
Singular. Dieser in gröbter Ruhe, der Dual in starker Erregung.

Entsprechen sicli die beiden Dreivereine formal, schon äußer-
lich so vollständig, so darf man annehmen, daß dies von innen
heraus vorbereitet ist, daf3 auch ihr geistiges Wesen einander analog
sein wird. Die bisherigen Deutungen der drei Gestalten D, E, F
versagen dabei freilich, und die bis heute herrschende Uneinigkeit
in ihrer Benennung beweist allein schon, claß hier ein noch un-
gelöstes Problem steckt, dah die üblichen Erklärungen gar nicht oder
nur zum Teil das Rechte getroffen haben.

Was wir zu erwarten haben an dieser Stelle, ist eine den
Moiren drüben entsprechende Trias ähnlich allgemein gefaßter,
segensreicher Numina, die das Leben des Einzelnen in ihre treue
Hut zu nehmen gewillt sind gleich am allerersten Tage, eine höhere
Fürsorge, die auch für seine ganze weitere Dauer entscheidend wird;
und eben cliese Trias ähnlich auch innerlich differenziert, bei engster
Zusammengehörigkeit der drei Gestalten im Ganzen.

Ich beginne mit der schwesterlich untrennbar unter sicli ver-
bundenen Gruppe E—F (Abb. 1). Mit Recht haben Pringsheim (Archäol.
Beiträge zum eleusin. Kultus, 52) und Furtwängler (Ägina I, 332, 1)
die alte, zuletzt noch einmal von Studniczka (Jahrb. 1904, 1 ff.) ver-
teidigte Deutung auf Demeter und Kore. verworfen. Auc-h Farnell,
Gults II, 261, betont nachdrücklich den Charakter der „twin sisters“
gegenüber der Auffassung von Mutter und Tochter. Furtwängler
hat den Gharakter der Sitze, auf denen die beiden Gestalten ruhen,
unleugbar richtig festgestellt (Griech. Vasenmalerei I, 215) und seine
eigene frühere Erklärung derselben als „Throne“ (Meisterwerke, 247)
zurückgenommen. Es sind nur niedrige viereckige Ivasten mit ganz
kurzen Fußzapfen, vertieften Füllungen zwischen den Eckpfosten
und Klappdeckeln an Scharnieren. Oben darauf sind noch dicke
wollene Tücher zusammengefaltet gelegt, und ähnliche Decken dürfen
 
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