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Thiersch, Hermann; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1913, 4. Abhandlung): Ein parthenonisches Giebelproblem — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.33047#0030
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H. Thiersch:

30

dieser Vermutung bestärkt und zum Ziele geführt. Er wies ver-
mutungsweise ebenfalls auf diesen olympischen Koupoipöqpoq hin.

Hermes, der Pfleger so mancher junger Götterkinder, der
TTaiöoKÖpric;, wie er nicht nur in Arkadien verehrt und gedacht
wurde, ist hier in der Tat vorzüglich am Platze, gerade unmittelbar
neben den Eileithyien, diesen nymphenartigen Geburtshelferinnem
Der Hermes „Hegemonios“, den schwebenden, leichten Gestalten
mit den wehenden Gewändern voranschreitend, ist eine aus den
attischen Grottenanathemen wohlbekannte Gestalt. Hennes aber
speziell in diesem Sinne, der diesen Pflegerirmen verwandte Grotten-
und Berghermes, ist zudern durch die bildliche Tradition gerade
für die Athenageburt aufs allerbeste, ja nachdrücklichste bezeugt 23,
sogar inschriftlich.

'EpjufR eipu KuXAijvioc^! Wem käme nicht gleich diese bekannte
Gestalt der ausführlichsten der altattischen Vasenbilder, welche clie
Szene darstellen 2i, in Erinnerung! Nun fällt auf diese, einst Homer
so geläufige, hier so altertümlich langgewandete Gestalt erst das
rechte Licht. Nicht die gewöhnliche Botenfigur ist in erster Linie
gemeint, sondern der altarkadische Fruchtbarkeitsgott, der Kyllenios,
einer der allerältesten Numina Griechenlancls, der Sohn des
„Mütterchens“, Maias, der ältesten der dortigen Bergnymphen 25,
— deren männliches Korrelat zugleich. Er, der dort auf cler Spitze
des Berges als qpd\r|c; 26, als zeugungskräftiger Dämon, als leben-
spendender Gott verehrt wurde, er, der selbst in den Grotten jenes
„Hohlberges“ geboren und von Nymphen auferzogen worden war,
der in einer der vielen Nischen des Berges Kyllene zuerst die Leier
angestimmt, er der Ai'TtuToc; 27, „der auf dem hohen Berge“, wie
er auf Kyllene, der ZTuiXdixi'iq 28, wie er bei Laodicea einmal heißt:
er ist auch in unserer Giebelgestalt verkörpert.

Darurn lagert er auch auf einem Felsen wie clie Moiren,
darum ahnte Brunn mit Recht in ihm einen Berggott („Olympos“). 29

23 Für die Beliebtheit dieser Gestalt, des Hermes Kurotrophos, in der
attischen Kunst auch noch um 450 sprechen die rotfig. Vasenbilder, wie Mon. II,.
14 u. 17. Auch auf dem heiligen Felsen der athenischen Akropolis hat er
sich schon frühe eingefunden. Im Erechtheion stand von ihm eine altertiim-
liche, myrtenbedeckte, wohl ithyphallische Herme (Paus I, 27, 1.)

24 Mon. IX, 55.

25 Vgl. ROSCHER II, 2234 und Maia im Sinne von Hebamme bei Plato...
Theätet, p. 348.

26 Vgl. FARNELL, Cults V, 12 u. 64.

27 Vgl. GRUPPE I, 197.

28 Farnell, Cults V, 10.

29 Kl. Schriften II, 262.
 
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