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Thiersch, Hermann; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1913, 4. Abhandlung): Ein parthenonisches Giebelproblem — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.33047#0046
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H. Thiersch:

Verschiebung in das Gebiet der Nyrnphen hinein. Das Material
hat Lawson, Modern Greek Folklore and ancient Greek Religion
(1910), p. 162—171 zusammengestellt. Diese „Queen of the Nymphs“
heifit bald f] ßacriXicraa tuuv ßouvüuv, p jueYd\i~i Kupa, f] Kupa KaXai
(christianisiert: f] crpa KaXf]), f] KaXf] tujv öpeiuv (Leo Allatius).
Leben uncl Tod liegen in ihrer Hand, man opfert ihr Honiggaben
in Grotten wie den Moiren. Über diese in Griechenland noch viel
weiter verbreitete Sitte, als oben S. 6 angenonnnen wurde, vgl.
ebenfalls Lawson, p. 121 ff. (Honigopfer in Grotlen bei Sparla am
Taygetos, in Agrinon, am Pelion etc.).

Zu S. igff. Erneute Überlegung hat es mir jetzt doch
wahrsclieinlicher gemacht, daß Aphrodite Urania, die gelagerte
Gestalt M unseres Giebels, wirklich mit Spinngerät und nicht
mit einem Spiegel ergänzt werden darf. Die Bewegung der beiden
Hände bekonnnt dann eine sehr wirkungsvolle Verbindung durch
den Faden zwischen dem Rocken in der L. uncl der Spindel in
der R. In grandioser Gelassenheit obliegt clie Parze ihrem Tun.

Gerade das Ruhen war ja während des Spinnens die Regel,
nicht stehende Llaltung ocler unruhiges Hin- und Hergehen. „In
der Regel spannen die Frauen sitzencl“ (Blümner, Teclmologie 2,
S. 131). Das Spinnmotiv bewahrt auch davor, die Moire zu ver-
gessen über der Aphrodite.

Zudem gibt es, wenn ich recht sehe, einen Vorläufer unsres
Dreivereins, bei dem ebenfalls nur die eine der drei Schwestern
in der prägnanten Aktion des Spinnens dargestellt war, während
die beiden anclren niehr allgemeine Attribute halten. Ich meine die
Tonmetope des Apollotempels von Thermon (Ant. Denkm. I, 50, 2),
die einst in cler Mitte von dessen Norclseite angebracht (Ephim.
1903, 93) für diesen von so besonclerer Bedeutung gewesen sein
muß, dah sie, ungleich clen andren Metopenfeldern, Ende des 3. Jhs.
noch einmal erneuert wurde, uncl zwar in engem Anschluh an das
verblafste archaische Bild unmittelbar darunter. In den drei sitzenclen
Göttinnen erkenne ich die Moiren, die hinterste mit einem Spinn-
rocken in der L., von dem gerade nocli das unterste Ende erhalten
ist, nur bisher nicht erkannt als solches. Die Finger der r. Hand
machten sich, so plurnp auch die Hand erneuert ist, und so un-
deutlich die Reste jetzt geworden sind, mit den Fäden zu tun, clie
offenbar von dem Rocken in der L. ausgingen.

Für gleichfalls noch unerkannte Spindeln, deren scharfkantig
 
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