Zum Falscheid des Papyrus Halensis I (Δικαιώματα).
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Es fragt sich, wer der Gegner der Zeugen in diesem Falle ist.
Beachtet man, dah Z. 64 zu einem dritten Falle übergeht, in dem
άμφότεροι οί άντίδικοι (έτπλαβόμενοι τών μαρτύρων καταδικάσωνται
τοΰ [ψ]ευδομαρτυρίου) vorgeführt werden, und daß Z. 69 oder 70
die normalen Einzelfälle abgeschlossen sind und Spezialitäten er-
scheinen, so fehlt der Fall, daß der Kläger allein die Zeugen schilt,
■— wenn nicht eben Z. 54—63 ihn bringen.
Sachlich ist es nun erforderlich, dah eben dieser Fall dort be-
handelt wird: wenn Verurteilung erfolgt ist, so greift der nieder-
geurteilte Beklagte die Zeugen (des Ivlägers) an; wenn aber Ab-
weisung des Klägers = Lossprechung des Beklagten erfolgt ist, —
dann wird normalerweise 1) nicht etwa der Beklagte noch die Zeugen
(τών μαρτύρων) angreifen, vielmehr ist anzunehmen, daß er auf
Grund der von ihm gestellten Zeugen losgekommen und also mit
ihnen zufrieden ist, sondern es wird dies der Kläger tun, der sich
durch falsche Zeugen um sein wohlverdientes Recht auf Verurteilung
geprellt sieht. Ehen dieser Fall wäre aber gar nicht erwähnt,
wenn nicht hier.
Weiter: Welches wären clie Folgen cles Anpackens der falschen
ZeugenP Die Zeugen verfallen der Strafe des Falscheides (ήμιόλιον);
'der sie gestellt,’ zahlt den Wert cler abgewiesenen Klage und ein
Zehntel oder Fünfzehntel 'Zuschlag’. Die Strafe für die Zeugen
verfällt, wie die Herausgeber hervorheben 2), dem Staate (oi μάρτυρες
είςπρασσέσθωσαν Z. 53, 59, 67), sie beträgt H/2 cler Hauptprozeß-
summe (Z. 30). Wenn Beklagter die Zeugen meineidig macht, werclen
die Zeugen an seiner Statt sachfällig aufs ήμιόλιον; der Kläger er-
hält davon natürlich nichts, der Beklagte aber ebensowenig; man
vermißt beinahe eine Sukkumbenzstrafe zugunsten des Beklagten,
cler als Schmerzensgeld für clie falsche Verurteilung nur die Be-
friedigung darüher hat, wie schwer seine Verleumdungen gebüßt
werden. Im zweiten Fall (άποδικασθείσης αύτώ δίκης) werden clie
Zeugen ebenfalls sachfällig. So wenig nun cler Beklagte, der erst
die Kränkung cler durcli Meineicl herbeigeführten Verurteilung er-
9 I)aß im Attischen Prozeß die Zeugenschelte auch dem Sieger zustand
(Lipsius, Att. R. II, 2, 780), beweist nur, daß sie möglich war, nicht, daß sie
gegenüber der naturgemäßen Schelte durch den Besiegten nennenswert in Betracbt
kam, oder gar so überwog, daß eine Verordnung die Schelte durch den Besiegten
einfach übergelren konnte. Überdies geht jene attische Schelte auf eine von Fall
zu Fall zu bestimmende Buße (Lipsjus, a. a. 0., S. 781).
2) Kommentar, S. 51.
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Es fragt sich, wer der Gegner der Zeugen in diesem Falle ist.
Beachtet man, dah Z. 64 zu einem dritten Falle übergeht, in dem
άμφότεροι οί άντίδικοι (έτπλαβόμενοι τών μαρτύρων καταδικάσωνται
τοΰ [ψ]ευδομαρτυρίου) vorgeführt werden, und daß Z. 69 oder 70
die normalen Einzelfälle abgeschlossen sind und Spezialitäten er-
scheinen, so fehlt der Fall, daß der Kläger allein die Zeugen schilt,
■— wenn nicht eben Z. 54—63 ihn bringen.
Sachlich ist es nun erforderlich, dah eben dieser Fall dort be-
handelt wird: wenn Verurteilung erfolgt ist, so greift der nieder-
geurteilte Beklagte die Zeugen (des Ivlägers) an; wenn aber Ab-
weisung des Klägers = Lossprechung des Beklagten erfolgt ist, —
dann wird normalerweise 1) nicht etwa der Beklagte noch die Zeugen
(τών μαρτύρων) angreifen, vielmehr ist anzunehmen, daß er auf
Grund der von ihm gestellten Zeugen losgekommen und also mit
ihnen zufrieden ist, sondern es wird dies der Kläger tun, der sich
durch falsche Zeugen um sein wohlverdientes Recht auf Verurteilung
geprellt sieht. Ehen dieser Fall wäre aber gar nicht erwähnt,
wenn nicht hier.
Weiter: Welches wären clie Folgen cles Anpackens der falschen
ZeugenP Die Zeugen verfallen der Strafe des Falscheides (ήμιόλιον);
'der sie gestellt,’ zahlt den Wert cler abgewiesenen Klage und ein
Zehntel oder Fünfzehntel 'Zuschlag’. Die Strafe für die Zeugen
verfällt, wie die Herausgeber hervorheben 2), dem Staate (oi μάρτυρες
είςπρασσέσθωσαν Z. 53, 59, 67), sie beträgt H/2 cler Hauptprozeß-
summe (Z. 30). Wenn Beklagter die Zeugen meineidig macht, werclen
die Zeugen an seiner Statt sachfällig aufs ήμιόλιον; der Kläger er-
hält davon natürlich nichts, der Beklagte aber ebensowenig; man
vermißt beinahe eine Sukkumbenzstrafe zugunsten des Beklagten,
cler als Schmerzensgeld für clie falsche Verurteilung nur die Be-
friedigung darüher hat, wie schwer seine Verleumdungen gebüßt
werden. Im zweiten Fall (άποδικασθείσης αύτώ δίκης) werden clie
Zeugen ebenfalls sachfällig. So wenig nun cler Beklagte, der erst
die Kränkung cler durcli Meineicl herbeigeführten Verurteilung er-
9 I)aß im Attischen Prozeß die Zeugenschelte auch dem Sieger zustand
(Lipsius, Att. R. II, 2, 780), beweist nur, daß sie möglich war, nicht, daß sie
gegenüber der naturgemäßen Schelte durch den Besiegten nennenswert in Betracbt
kam, oder gar so überwog, daß eine Verordnung die Schelte durch den Besiegten
einfach übergelren konnte. Überdies geht jene attische Schelte auf eine von Fall
zu Fall zu bestimmende Buße (Lipsjus, a. a. 0., S. 781).
2) Kommentar, S. 51.