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Gradenwitz, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1913, 8. Abhandlung): Zum Falscheid des Papyrus Halensis des Ersten: Dikaiomata — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.33051#0007
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Zum Falseheicl des Papyrus Halensis I (Δικαιώματα).

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Hauptbeklagten —, und dann bleibt das Ersterkenntnis bestehen,
falls nicht Berufung eingelegt wird; es ist also in diesem Fall so-
zusagen eine Kompensation der Schelten; Zeugen rechts falscheidig,
Zeugen links falscheidig, da werden nur die Meineidigen gebüßt,
aber das Urteil selbst bleibt stehen wie ein Kartenhaus, bis clie
Berufung es umbläst. —

Gegen die Deutung der Zeile 55: 'Wenn ein (Ivläger), nachdem
ihm seine Klage abgewiesen ist, die Zeugen angreift’ wird nun der
Sprachgebrauch angeführt (Kommentar, S. 50), da in άποδικάζεταί
τινι δίκη nicht clie Anerkennung des klägerischen Anspruches, sondern
nur die Befreiung des Beklagten von der ihn bedrohenden Gefahr
liegen könne: dah nicht die Anerkennung cles klägerischen An-
spruchs, ist richtig; wohl aber muß hier die Aberkennung des
Anspruchs gemeint und der Ivläger als Unterlegener und also Ge-
schädigter an die Zeugen verwiesen worden sein.

Was ich im Stephanus bei άποδικάΖΗν uncl άποψηφίΖεσθαι 3)
fand, scheint mir dem nicht unfreundlich; aber auch wenn Parallel-
stellen niclit da sein sollten, so fordert hier der Sinn, dah άποδικάΖον
αυτψ δίκην lieißt, cdem Kläger seine Klage abtun’, ihn abweisen.
Oft ergeben die Papyri neue Nuancen der Bedeutung ocler wenigstens
der Anwendung von sonst schon bekannten Worten. Man muß
nur von cler unwahrscheinlichen Yoraussetzung absehen, daß die
siegreiche Partei clen μάρτυρες noch etwas am Zeuge flicken wolle. —

Umseitig gebe ich die drei Fähe so, daß cla, wo sie einiger-
maßen parallel laufen, sie untereinanclerstehen, am Schluß, wo jede
Parallele auf'hört, nebeneinancler:

Der erste Fall, Beklagter durch Meineidige zur Verurteilung
gebracht, enthält beide Möglichkeiten: Sieg cles Beklagten: Zeugen
beigetrieben. Ersturteil nichtig. — Niederlage des Beklagten: alles
bleibt beim alten Urteil.

Der folgende, Kläger durch Meineidige zur Abweisung gebracht,
gi-bt nur den Siegesfall: Beitreibung cles ήμιόλιον von den Zeugen,
Zeugensteller sachfällig mit Zuschlag; der Fall der Niederlage geht
von selbst in Nichts auf, cla dann eben das freisprechend-abweisende
Ersterkenntnis in Kraft bleibt.

Der dritte Fall, beide Parteien setzen die Zeugen unter Anklage,
hat wieder nur die Möglichkeit im Auge, dafs beide siegen; denn wenn

3) Dio Class. I p. 327, 7 (Boiss.): αύτψ τά τών Νουμαντίναιν βπινίκια άπε-
ψηφίσθη.
 
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