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Reitzenstein, Richard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1914, 12. Abhandlung): Eros und Psyche in der ägyptisch-griechischen Kleinkunst — Heidelberg, 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.33315#0006
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Richard Reitzenstein:

Fuß gewahrt man am äußeren Rande der Lampe einen nicht ganz
verständlichen Gegenstand, wie ein länglicher Stab, der sich'
unten verclickt, etwa wie zu einer Löwenklaue 1. Die Berührung
mit der Erzählung ist diesmal nicht ohne weiteres klar, so sicher
mir scheint, daß die Darstellung wirklich eine Erzählung voraus-
setzt. Auf die näclitliche Entdeckung des Gottes weist zweifellos
die Laterne neben Psyche. Bei Apuleius entzieht sich der ent-
deckte Eros den Küssen und Umarmungen der Psyche und schwebt
empor; sie hält sich eine Weile noch an seinem Beine fest und wird
mit, emporgetragen; als die Ivräfte sie verlassen haben und sie zur
Erde herabgeglitten ist, kelirt auch Eros zurück, setzt sich auf
die nächste Zypresse und spricht von da die Abschiedsworte 2.
Einen Abschied scheint auch der Bildner der Lampe darstellen
zu wollen; der Gott, der die Geliebte zusammenbrechen sieht,
stürzt noch einmal herbei, sie aufzufangen und ihr einen letzten
Kuß zu geben.

3. Die Wiedervereinigung der beiden Liebenden ist auf einem
Fläschchen der Sammlung Sinadino in Alexandrien dargestellt,
dessen Veröffentlichung mir Dr. Pagenstecher einst liebens-
würdig anbot, weil es seiner Ansicht nach meine Vermutungen
über den ägyptischen Ursprung des Mythos bestätige 3. Er hat es,
da ich zunächst ablehnte, selbst in dem Werke ,,Die griechisch-
ägyptische Sammlung Ernst von Sieglin, Dritter Teil, Die Gefäße
in Stein und Ton“, Leipzig 1913, S. 80 (Fig. 95) herausgegeben
(Taf. I, Fig. 3 a). In die übliche Verzierung dieser Art von Fläsch-
chen, oben am Hals eine Girlande, unten am Fuß der Blattkelch,
ist in den freien Raum eine Gruppe gesetzt: Eros und Psyche
sich umarmend. Beide tragen die breiten alexandrinischen
Blumenkränze im Haar; er hat Vogel-, sie Schmetterlingsflügel,
wie immer auf diesen Darstellungen. Ihm fällt das Gewand von
der linken Schulter, die Scham freilassend, zur rechten Hüfte
herab, wie wir dies in der griechisehen Plastik seit dem vierten
Jahrhundert finden. Sie ist in züchtiger Mädchentracht bis zum

1 Gütige Mitteiluüg Dr. Arndts, der zu dem gaiizen Lämpchen bemerkt:
„nach der Tonart zweifellos ägyptisch; es kam aus dem Pariser Kunsthandel
in meinen Besitz“.

2 Von einem Zusammenbrechen der Psyche ist vorher die Rede, als
sie zuerst den Gatten erblickt und sich ihres Vergehens bewußt wird.

3 Das Märchen von Amor und Psyche S. 89, vgl. Pagenstecher in
dem angeführten Vasenwerk S. 84.
 
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