Metadaten

Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]; Aly, Wolfgang [Bearb.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1914, 2. Abhandlung): Mitteilungen aus der Freiburger Papyrussammlung: 1. Literarische Stücke — Heidelberg, 1914

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.33295#0056
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
56

Mitteilungen aus der Freiburger Papyrussammlung I.

Einziehung eine Anklage, wie sie der Text in unmittelbarem Zu-
sammenhang mit der A. erwähnt, nicht erforderlich war; im
Gegenteil, der Betroffene mußte auf Unzulässigerklärung der Ein-
ziehung klagen, andernfalls war die Sache, ehe es zu einem Prozeß
kam, praktisch erledigt.

Vorzüglich dagegen paßt in unsern Fall die andere, allge-
meinere Bedeutung von A.: Schriftliche Denanziation, namentlich
da, wo mehrere der Teilnahme an einem Verbrechen beschuldigt
werden, das Verzeichnis der Teilnehmer (Lipsius a. a. 0. S. 301).
Da haben wir die Mehrzahl der Angeklagten, da haben wir aucli
die zur Verurteilung führende Anklage neben der vom Gesetz
geforderten Anzeige. Eine der Formen, bei denen Anzeiger und
Ankläger nicht identisch sind, war die Eisangelie (s. Thälheim
bei PW. 5,2139), ja es war vielleicht die einzige, auf die die Voraus-
setzungen unseres Prozesses ganz zutreffen. Wir kennen durch
Hypereides f. Eux. 5 f. das Gesetz, wann aie EisangeJie in diesem
Sinne zulässig war:

1. eav 'iic, tov Sppov tov ’ AFYjva.ccov xaTaXup y) ouvcp ttol xa.Ta-
\\jgzi tou S'/jpou Yj irmpLxöv ouvayayp.

2. 7) sav tic, ttoXlv Tivd TrpoSct t) vau<; y) Tue^ijv y) vauTUOjv OTpaTid.v
yj ed.v Tip eiq touic, TcoXeptoup d.vsu tou -spcpö-Yjvai. acpixvYjTai, y) (xeTOLXYj
7uap’ a.UTOt.2 V) OTpaTeuYjTai peT’ auTCÖv yj Scöpa. ÄapßavYj.

3. Yj pdjTCop oov pYj Äeyp toc apcoTa. tco Sy)(xco tcö ’A-9'Yjvacwv ypvjpca.Ta
Xapßd.vcov xal Scoped^ irapd tcov TavavTca 7UpaTTOVTCOv tco Sy][xco tco
’ Aß'Yjvaccov.

Also Umsturz, Verrat und Volksbetrug; für den Jetzteren
FalJ gab es noch eine Sonderbestimmung: eav tc? urtooyöpevop
tc tov Sy)[xov e^aTCaTYjoYj 1, um von anderen Einzellieiten, die
Thalheim namhaft macht, abzusehen. So spielte also der
Begriff der d-roxty), der im MitteJpunkt unseres Fragments steht,
in dieser Form des politischen Prozesses seine bedeutungsvolle
Rolle. Danach dürfen wir die neue Rede auf einen Eisangelie-
prozeß aus der ersten Hälfte des vierten Jahrhunderts be-
ziehen. Ob dabei der dritte Paragraph des Eisangeliegesetzes
oder jene Sonderbestimmung über Nichthalten von Versprechen
die juristische Handhabe der Anklage geboten hat, wagen wir
nicht zu entsclieiden. Das einzige, was uns nocli weiterbringen kann,
ist der Versuch, unter den entwickelten Voraussetzungen clen Ge-
danken des neuen Redestückes festzustellen.

1 Ygl. Demosth. 20,135, [Demosthen.] 49,67, 5Ah. -oX. 43,5.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften