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W. Windelband:
Worten dieser Definition (quatenus usw.) sich die Möglichkeit
offenzuhalten scheint, daß in ,,uns“, d. h. den aus Seele und
Leib zusammengesetzten Wesen, jene einzelnen Funktionen auch
als nicht bewußte vorhanden sein könnten, so gilt ihm doch für
die Seele (mens oder anima) die cogitatio derart als das Grund-
attribut, daß in ihr kein Zustand und keine Tätigkeit möglich ist,
die nicht eine Modifikation der cogitatio wäre: geradeso wie am
Körper, der ausgedehnten Substanz, kein Modus vorkommt, der
nicht seinem eigentlichen Wesen nach ausgedehnter Natur wäre.
Dies war nun der Grund, weshalb die Cartesianer in dem Streit
über die eingeborenen Ideen sich so ungern zu der Zuflucht auf die
Annahme von deren unbewußter Existenz verstanden; denn damit
wären der Seele Zustände zugeschrieben, die ihrem Attribut, dem
Bewußtsein, widerspräclien. Und so ishes bis auf den heutigen Tag
iiberall da, wo man in dem Bewußtsein das Gattungsmerkmal
des Seelischen zu besitzen meint. Diese Identifikat.ion von Seele
und Bewußtsein, die auch in unserer alltäglichen Sprache uns
völlig geläufig ist, wird für den Psychologen fast unvermeidlich,
wenn er das Gebiet seiner Forschung gegen die übrigen Wissen-
sc-haften abzustecken versucht. Die in der herrschenden Welt-
vorstellung bestehende Auffassung von der totalen Verschieden-
lieit der beiden Erfahrungsgebiete, des Körperlichen und des
Seelischen, muß doch dabei aus ihrer Unbestimmtheit zur begriff-
lichen Klarheit gebracht werden. Man tut das gern, indem man,
wie es zuerst Locke nach Descartes getan hat, jene heiden
Welten der cogitatio und der extensio auf zwei verschiedene Er-
kenntnisweisen, die innere und die äußere Erfahrung, bezieht.
Aber wie will man diese voneinander anders als wiederum durch
ihre Gegenstände unterscheiden ? Hier empfiehlt sich die früher
von Fortlage und neuerdings von Münsterberg betonte Tat-
sache, daß die Erfahrungen des inneren Sinnes, die seelischen Er-
lebnisse, immer nur für ein Subjekt, die Erfahrungen von der
körperlichen Außenwelt dagegen (im Prinzip) für eine Vielheit
von Subjekten gegeben sind. Von meinem Innenleben können
alle anderen Subjekte nur auf dem Umwege durch äußere,
leibliche Erfahrung etwas wissen. Das scheint zu bedeuten, daß
dem Gegenstand der inneren Erfalirung, der seelischen Wirklicli-
keit, eine unmittelbare und direkte, dagegen der Körperwelt nur
eine mittelbare und indirekte Beziehung zum Bewußtsein zu-
kommt. So ist es denn auch die geläufige Vorstellungsweise, daß
W. Windelband:
Worten dieser Definition (quatenus usw.) sich die Möglichkeit
offenzuhalten scheint, daß in ,,uns“, d. h. den aus Seele und
Leib zusammengesetzten Wesen, jene einzelnen Funktionen auch
als nicht bewußte vorhanden sein könnten, so gilt ihm doch für
die Seele (mens oder anima) die cogitatio derart als das Grund-
attribut, daß in ihr kein Zustand und keine Tätigkeit möglich ist,
die nicht eine Modifikation der cogitatio wäre: geradeso wie am
Körper, der ausgedehnten Substanz, kein Modus vorkommt, der
nicht seinem eigentlichen Wesen nach ausgedehnter Natur wäre.
Dies war nun der Grund, weshalb die Cartesianer in dem Streit
über die eingeborenen Ideen sich so ungern zu der Zuflucht auf die
Annahme von deren unbewußter Existenz verstanden; denn damit
wären der Seele Zustände zugeschrieben, die ihrem Attribut, dem
Bewußtsein, widerspräclien. Und so ishes bis auf den heutigen Tag
iiberall da, wo man in dem Bewußtsein das Gattungsmerkmal
des Seelischen zu besitzen meint. Diese Identifikat.ion von Seele
und Bewußtsein, die auch in unserer alltäglichen Sprache uns
völlig geläufig ist, wird für den Psychologen fast unvermeidlich,
wenn er das Gebiet seiner Forschung gegen die übrigen Wissen-
sc-haften abzustecken versucht. Die in der herrschenden Welt-
vorstellung bestehende Auffassung von der totalen Verschieden-
lieit der beiden Erfahrungsgebiete, des Körperlichen und des
Seelischen, muß doch dabei aus ihrer Unbestimmtheit zur begriff-
lichen Klarheit gebracht werden. Man tut das gern, indem man,
wie es zuerst Locke nach Descartes getan hat, jene heiden
Welten der cogitatio und der extensio auf zwei verschiedene Er-
kenntnisweisen, die innere und die äußere Erfahrung, bezieht.
Aber wie will man diese voneinander anders als wiederum durch
ihre Gegenstände unterscheiden ? Hier empfiehlt sich die früher
von Fortlage und neuerdings von Münsterberg betonte Tat-
sache, daß die Erfahrungen des inneren Sinnes, die seelischen Er-
lebnisse, immer nur für ein Subjekt, die Erfahrungen von der
körperlichen Außenwelt dagegen (im Prinzip) für eine Vielheit
von Subjekten gegeben sind. Von meinem Innenleben können
alle anderen Subjekte nur auf dem Umwege durch äußere,
leibliche Erfahrung etwas wissen. Das scheint zu bedeuten, daß
dem Gegenstand der inneren Erfalirung, der seelischen Wirklicli-
keit, eine unmittelbare und direkte, dagegen der Körperwelt nur
eine mittelbare und indirekte Beziehung zum Bewußtsein zu-
kommt. So ist es denn auch die geläufige Vorstellungsweise, daß