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Windelband, Wilhelm; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1914, 4. Abhandlung): Die Hypothese des Unbewußten: Festrede gehalten in der Gesamtsitzung der Heidelberger Akademie der Wissenschaften am 24.4.1914 — Heidelberg, 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.33307#0021
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Die Hypothese des Unbewußten.

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die Gegenstände der äußeren Erfahrung, die Körper, eine Wirk-
liclikeit besitzen, die vom Bewußtsein nicht abhängig ist, daß das
Bewußtwerden für sie etwas Zufälliges ist. Sie sind wirklich (so
denkt man), auch wenn sie nicht Inhalt eines Bewußtseins sind;
dagegen die Inhalte der inneren Erfahrung, denen die Beziehung
zum Bewußtsein wesentlich ist, sind nur wirklich, insofern sie be-
wußt sind.

Das ist eine noch heute in weitesten Kreisen geltende Vor-
stellungsweise. Von ihr aus bestimmt man die Psychologie als die
Lehre von den Zuständen und den Tätigkeiten des Bewußtseins,
und wenn man diese methodologische Definition, wie es sich leicht
einstellt, in eine metaphysische verwandelt, so bestimmt man da-
mit das Seelische als das eo ipso Bewußte. Zur Aufrechterhaltung
dieser Auffassungsweise trägt viel der Umstancl bei, claß der car-
tesianische Dualismus trotz mancher Wandlungen seiner meta-
physischen und seiner erkenntnistheoretischen Bedeutung in der
uns allen geläufigen Unterscheidung von Natur und Geist nocli
immer Bestand hat. Er ist auch der kritischen Philosophie in ihrer
Entwicklung durch den Einbruch des Spinozismus aufgeimpft
worden, und obwohl wir schon bei Goethe lesen: ,,Natur und Geist,
so spricht man nicht zu Ghristen“, so ist uns doch dies Wortpaar
in den mannigfachsten Verhältnissen geläufig. Noch immer reden
wir z. B. von dem Gegensatz von Natur- und Geisteswissenschaften,
obwohl die Unzulänglichkeit dieser antiquierten Einteilung jedes-
mal neu erwiesen wird, wenn man zeigt, daß eine Wissenschaft,
die gewöhnlich der einen Gruppe zugeteilt wird, mit nicht minder
gutem Rechte auch der andern zugewiesen werden kann.

Wer aber diese dualistische Vorstellungsweise, die uns allen
tief im Blute steckt, mit voller Konsequenz aufrechterhält, der
darf die Hypothese des Unbewußten nicht mitmachen. Er kennt
nur bewußte Seelenzustände, und die unbewußten Zustände, zu
deren Annahme ihn die Erklärung der bewußten nötigt, sind für
ihn nur Leibeszustände, Hirnzustände. So finden wir es z. B. bei
dem kürzlich verstorbenen Friedrich Jodl, der neben Theodor
Lipps der schärfste Denker unter unsern Psychologen war, und der
in seinem Lehrbuch das gewaltige Material der heutigen empirischen
Psycliologie mit der größten Klarheit begrifflich durchgearbei-
tet hat.

Wenn man aber, wie es bei den Psychologen mehr und mehr
sich durchzusetzen scheint, die Beweiskraft der Argumente, von
 
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