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Reitzenstein, Richard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1914, 8. Abhandlung): Des Athanasius Werk über das Leben des Antonius: ein philologischer Beitrag zur Geschichte des Mönchtums — Heidelberg, 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.33311#0003
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Wenige literarische Werke haben jemals eine so gewaltige
geschichtliche Wirkung geübt wie der βίος Άντωνίου von Atha-
nasius. Entscheidend beeinflußt er, wenigstens im Okzident, die
Umbildung des spätantiken religiösen Empfindens in das mittel-
alterliche, und da es verhältnismäßig leicht ist, die Einflüsse, u.nter
denen das Werk entstand, nachzuweisen und die verschiedenen
Elemente in ihm zu sondern, darf man sich wundern, daß die philo-
logische Forschung sich gerade ihm noch kaum zugewendet hat.
Ich kenne nur einen Versuch, seine Anlage und Eigenart wirklich
zu erklären, den gedankenreichen und feinsinnigen Aufsatz des
Theologen K. Holl in den Neuen Jahrbüchern für das klassische
Altertum 1912 S. 406 ff. 'Die schriftstellerische Form des griechi-
schen Heiligenlebens’. Eine Polemik gegen ihn löse ich hier aus
dem Rahmen einer größeren Untersuchung heraus, aber eine
Polemik, die nur den Zoll des Dankes für reiche Förderung und
Anregung erstatten und einer άγαΕή έρι,ς dienen soll, die hoffent-
lich von keinem Leser mißverstanden wird. Denn das wichtigste
Ergebnis auch meiner Untersuchung hat Holl in der Tat ahnend
vorausgenommen; es gilt zunächst, es genauer festzustellen,
philologisch zu beweisen und zugleich die Gesamtauffassung ein
wenig umzubiegen. Wieweit sich dann Neues ergibt, muß der
Leser beurteilen.

Holl faßt, wie schon der Titel seines Aufsatzes zeigt, den βίος
Άντωνίου als typisches Vorbild des griechischen Heiligenlebens
und sucht die Unterschiede der christlichen Darstellungsform
von der klassischen Biographie nachzuweisen 1. Er findet sie zu-
nächst darin, daß dem Christen die Lebensbeschreibung nur das
Mittel ist, um ein Ideal zu veranschaulichen; Stufe um Stufe dringt
der Held zu dem Ziel, das nicht in ihm, sondern im Jenseitigen
liegt. So hat die Erzählung ihren Schwerpunkt im Schluß; die

1 Dieser durch die Polemik gegen eine philologische Analyse herein-
gebrachte Gesichtspunkt unterscheidet seine neue Darstellung von der
früheren, kürzeren (Enthusiasmus und Bußgewalt beim griechischen
Mönchtum, Leipzig 1898, S. 141 ff.).

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