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Reitzenstein, Richard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1914, 8. Abhandlung): Des Athanasius Werk über das Leben des Antonius: ein philologischer Beitrag zur Geschichte des Mönchtums — Heidelberg, 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.33311#0010
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10

Richard Reitzenstein:

zu ihm. Auch bei Athanasius schließt die Altersangabe nicht einen
früheren Teil, sondern eröffnet in Wahrheit den neuen, der von
der Eroberung der Wüste handelt 1.

Am andern Morgen also eilt Antonius allein in die Wüste auf
das Randgebirge (τό ορος) zu. Ausdrücklich wird hervorgehoben,
daß noch kein Asket das gewagt hat und daß sein Weg durch tiefste
Einöde führt. Er widersteht den Versuchungen des Satans —
typischen Versuchungen der späteren Mönchserzälrlungen, die
eigentlich für Antonius keine Bedeutung mehr haben können —
und kommt endlich zu einemverlassenen Brunnenhause (παρεμβολή) 2,
in dem er sich einschließt und dessen Eingang er verriegelt.
Wasser findet er drinnen; Brot hat er für sechs Monate mitgenom-
men — es ist eine Art Brot, die sich ein Jahr lang unverdorben
erhält —, so weilt er hier lange Zeit als Asket und empfängt nur
zweimal im Jahr von den Besuchern neue Brote. Die Erzählung
wird dabei unklar; wir würden erwarten, daß seine Spur in der
Heimat ganz verloren ist, und hören doch von Bekannten, die ihn
regelmäßig aufsuchen und oft Tage und Nächte vor dem Eingang
verbringen. Ihn selbst schauen sie nie — er hält sich eingeschlossen
—, aber sie hören Kampfgetöse und Scheltworte: 'Fort aus unserm
Reich! Was hast du in der Wüste zu suchen? Du kannst uns
nicht Stand halten.’ Es ist derselbe Dämonenkampf wie in dem
Grabe, hier wie dort durch himmlische Erscheinungen zeitweise
beendet. Mit einem gewissen schriftstellerischen Geschick meidet
Athanasius direkte Wiederholumgen und gibt nur in den Walir-
nehmungen der Besucher Andeutungen von dem jetzt jedem Leser
verständlichen Erlebnis.

Etwa zwanzig Jahre bleibt Antonius eingeschlossen; da er-
scheint plötzlich eine Menge von Menschen, clie seinen Wandel
nachahmen wollen. Sie zertrümmern die Eingangssperre, und
Antonius tritt heraus: προήλθεν ό ’Αντώνι,ος ώσπερ έκ τινος άδύτου
μεμυσταγοογημένος καΐ Εεοφορούμενος, καΐ τότε πρώτον άπό τής παρεμ-

1 Daß dies die Absicht des Schriftstellers ist, zeigen die unmittelbar
folgenden Worte (c. 11): τή δέ έξής προελ-9-ών έτι μαλλον προθυμότερος ήν είς
τήν -0-εοσέβει,αν καί γενόμενος πρός τόν γέροντα τόν παλαιόν έκεΐνον (den Bekannten,
der ihn in dem Grabe eingeschlossenhatte) ήξίουτήν ερημον οίκήσαι σύν αύτω. Diese
Worte können einerseits, da sie die Erzählung einfach fortfüliren, einen neuen
Teil gar nicht beginnen und zeigen andrerseits, daß Antonius die Verheißung
Gottes auf seinen Versuch, die Wüste zu erobern, bezieht.

2 Das muß, wie H. Thiersch erkannte, das Wort παρεμβολή hier
bedeuten (vgl. das lateinische Wort castellum).
 
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