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Güntert, Hermann; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1915, 10. Abhandlung): Eine etymologische Deutung von griech. Anthropos — Heidelberg, 1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.34069#0009
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Eine etymologische Deutung γοη griech. %ν&ρωπος.

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fertiger junger Kerl", Aomo ,,Komödiant", Aowo bedeutet
ebenfads ,,Bursche, Sklave", und auch bei uns im Nhd. kann
,,Mensch" sehr ieicht eine übie Nebenbedeutung haben und im
Dialekt geradezu als Schimpfwort begegnen (äu^ die^cA!), russ.
ce/oeeA;5 bedeutet auch, wie schon oben gezeigt, ,,Diener, Keilner"
usw. Diese schiechte Bedeutungsfärbung, die Wörter für ,,Mensch"
so ieicht annehmen, erklären sicb durch den überiegenen Gefühis-
exponenten, den die danebenstehenden Ausdrücke für ,,Mann" zu
besitzen pfiegen (Über Gefühlsexponenten vgi. man Verf. Sitz. d.
Heideib. Ak. d. Wiss. 1914, Nr. 13 S. 13ff.): Man hat mit Recht
das Verhältnis von άνϋρωπος: άνηρ mit dem von lat. Aonzo : tür,
nhd. die^cA:diu^7Z verglichen; der edlere Ausdruck mit dem
positiven Gefühisexponenten ist stets das zweite Glied der ge-
nannten Paare (s. auch H. ScHMiDT Synon. d. gr. Spr. 2, 387., BREAL
Essai de semantique 37ff., BRUGMANN IF 12, 26).
Somit dürfen wir es für ausgemacht ansehen, daß άνΕρωπος
ursprünglich ,,Mann" bedeutete und daraus in durchaus verständ-
iicher Weise den Sinn ,,Mensch" entwickeit hat.
Nach welchem Merkmai aber war nun diese sprachliche Be-
zeichnung für den ,,Mann" in urgriechischer Zeit geprägt worden ?
Wie ich überzeugt bin, nach dem für den Mann so cbarakte-
ristischen, äußeren Geschlechtskennzeichen, nach dem Barte:
ανΕρωπος bedeutet ursprüngiich ,,der mit bärtigem, stachbgem
Gesicht".
Es ieuchtet wohi unmitteibar ein, wie überaus passend hin-
sichtlich der Bedeutung diese sprachiiche Bezeichnung für den
,,Mann" ist. Der Bart war bei fast aiien Vöikern, so auch bei den
aiten Griechen das hocbgeschätzte Merkmal der Männiichkeit und
Manneskraft, er war der Stolz jedes Mannes. In der älteren, und
gar der äitesten Zeit trugen die Helienen stets einen Volibart.
SozeigendieuraitenTotenmasken, diemaninMykenai gefunden hat,
aus derZeit vor der dorischenWanderung, denBartumWangen
und Kinn; in homerischer Zeit wird gerade der Vollbart um das
Kinn besonders erwähnt (γένεων, γενεωίς, υπψη). Den Schnurr-
bart scheint män dagegen abrasiert zu haben; das ξυρόν wird
K173 genannt (s. HERBiGHom. Ep.^249ff., MAu bei Pauly-Wissowa,
neue Bearb. III,30ff., LüBKERReallex.^ v. GEFFCKEN-ZiEBARTH
1055). Auf archaischen Biidern ist der σφψοπώγων, der spitz-
zugeschnittene Voilbart dargestelit, ebenso waren die Theater-
 
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