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H. V. ScHUBERT:
Ja, eine Gruppe dahnatinisch-kroatischer Gemeinden hat sich
bis heute die slavische Liturgie in glagolitischer Schrift erhalten.
Von der ahergrößten Bedeutung aber wurde die Annahme
des Kirchenslavischen durch die Bufgaren auf dem Höhepunkt
ihrer Macht, unter dem ,,Zar der Bulgaren" Simeon, Boris^
großem Sohn, um 900. Nun konnte er seine Kirche, die ihr eigenes
Patriarcbat erhalten hatte, vom griechischen Nachbar selhständig
machen und national gestalten. Hier muß auch an Stelle der
Übersetzung der römischen Messe die der griechischen getreten
sein. Und hier erfuhr dann das Constantinsche Alphabet eine
Vereinfachung nach der griechischen Majuskel, die man das cyril-
lische Alphabet zu nennen pflegt. Die Vita Constantini bringt
am Schluß (c. 18) zuerst die Erzählung, daß Constantin einige
Wochen (50 Tage) vor seinem Tode zu Rom ins Iiloster gegangen
sei und dahei den Namen Cyrill angenommen habe. Daher man
denn zumeist von Cyrill und Methodius redet. Ob diese Erzäh-
lung in der vielleicht macedonisch-bulgarischen Legende nur eine
spätere Erfindung ist, um auch das Alphabet, das man aus irgend-
welchen Gründen cyrillisch nannte, auf Constantin zurückführen
zu können ? Denn den Zeitgenossen ist nur der Philosoph Constan-
tin hekannt^. In dieser Form kam dann die slavische Schrift-
sprache und das ganze kirchliche Schrifttum zu den Russen, und
noch heute feiert die gesamte griechisch-orthodoxe Kirche slavi-
scher Zunge in clieser Form ihren Gottesdienst. ,,Im Ganzen und
Großen", sagt MiKLOSiCH^, ,,wird noch heute das Wort Gottes
ausd. 8.—12. JahrhT, 1873, S. 186ff., 550ff.; FR. MiKLosicH,Denkschriften
der Wiener Akad. XXW. 3ff., A. A^oNDRÄK, Arch. f. slav. Phil. 1894, S.
118ff., 131, 1906, S. 256ff.; JAGic, 1. c. I. 68, II, 59. Mit Methodius hängen
sie mindestens in dem Sinne zusammen, daß der Methodiusschüler Clemens
sie oder eine naheverwandte Form henutzt. An dem Eindringen der
spezifisch bayerisch-deutschen ,,offenen Schuld" haben wir einen Maßstab
des deutschen Einflusses überhaupt.
^ Innnerhin findet sich die Sache etwas verändert in der sog. ital. Legende
c. 10 auch, könnte also auf den Zeitgenossen Gauderich zurückgehen, wenn
nicht gerade hier amSchluß beiderLegenden engeBerührungeneinAbhängig-
keitsverhältnis erkennen ließen, vergl. VitaConst. c. 18 Schl. u. Leg. it. c. 11 f.
2 Denkschr. d. Wiener Akad. XXIV, S. 9. BRÜcKNER S. 120. Nach
jAGic, I. c., haben die Brüder in einem Dialekt geschrieben, der zwischen
Thessalonich und Konstantinopel zu Hause ist, nach LESKiEN, Gramm.
p. XIX ,,konnte es nur das Slavisch sein, das Constantin kannte, d. h.
das seiner Heimat Macedonien", also AIt(macedo-)buIgarisch.
H. V. ScHUBERT:
Ja, eine Gruppe dahnatinisch-kroatischer Gemeinden hat sich
bis heute die slavische Liturgie in glagolitischer Schrift erhalten.
Von der ahergrößten Bedeutung aber wurde die Annahme
des Kirchenslavischen durch die Bufgaren auf dem Höhepunkt
ihrer Macht, unter dem ,,Zar der Bulgaren" Simeon, Boris^
großem Sohn, um 900. Nun konnte er seine Kirche, die ihr eigenes
Patriarcbat erhalten hatte, vom griechischen Nachbar selhständig
machen und national gestalten. Hier muß auch an Stelle der
Übersetzung der römischen Messe die der griechischen getreten
sein. Und hier erfuhr dann das Constantinsche Alphabet eine
Vereinfachung nach der griechischen Majuskel, die man das cyril-
lische Alphabet zu nennen pflegt. Die Vita Constantini bringt
am Schluß (c. 18) zuerst die Erzählung, daß Constantin einige
Wochen (50 Tage) vor seinem Tode zu Rom ins Iiloster gegangen
sei und dahei den Namen Cyrill angenommen habe. Daher man
denn zumeist von Cyrill und Methodius redet. Ob diese Erzäh-
lung in der vielleicht macedonisch-bulgarischen Legende nur eine
spätere Erfindung ist, um auch das Alphabet, das man aus irgend-
welchen Gründen cyrillisch nannte, auf Constantin zurückführen
zu können ? Denn den Zeitgenossen ist nur der Philosoph Constan-
tin hekannt^. In dieser Form kam dann die slavische Schrift-
sprache und das ganze kirchliche Schrifttum zu den Russen, und
noch heute feiert die gesamte griechisch-orthodoxe Kirche slavi-
scher Zunge in clieser Form ihren Gottesdienst. ,,Im Ganzen und
Großen", sagt MiKLOSiCH^, ,,wird noch heute das Wort Gottes
ausd. 8.—12. JahrhT, 1873, S. 186ff., 550ff.; FR. MiKLosicH,Denkschriften
der Wiener Akad. XXW. 3ff., A. A^oNDRÄK, Arch. f. slav. Phil. 1894, S.
118ff., 131, 1906, S. 256ff.; JAGic, 1. c. I. 68, II, 59. Mit Methodius hängen
sie mindestens in dem Sinne zusammen, daß der Methodiusschüler Clemens
sie oder eine naheverwandte Form henutzt. An dem Eindringen der
spezifisch bayerisch-deutschen ,,offenen Schuld" haben wir einen Maßstab
des deutschen Einflusses überhaupt.
^ Innnerhin findet sich die Sache etwas verändert in der sog. ital. Legende
c. 10 auch, könnte also auf den Zeitgenossen Gauderich zurückgehen, wenn
nicht gerade hier amSchluß beiderLegenden engeBerührungeneinAbhängig-
keitsverhältnis erkennen ließen, vergl. VitaConst. c. 18 Schl. u. Leg. it. c. 11 f.
2 Denkschr. d. Wiener Akad. XXIV, S. 9. BRÜcKNER S. 120. Nach
jAGic, I. c., haben die Brüder in einem Dialekt geschrieben, der zwischen
Thessalonich und Konstantinopel zu Hause ist, nach LESKiEN, Gramm.
p. XIX ,,konnte es nur das Slavisch sein, das Constantin kannte, d. h.
das seiner Heimat Macedonien", also AIt(macedo-)buIgarisch.