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Neumann, Carl; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]; Fraenger, Wilhelm [Oth.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1916, 4. Abhandlung): Drei merkwürdige künstlerische Anregungen bei Runge, Manet, Goya — Heidelberg, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.34075#0015
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Drei merkwürdige künstlerische Anregungen bei Runge, Manet, Goya. 13

im Iiampf gegen ein Publikum verficht, das gegen ihn prote-
stiert, weil es in Gewohnheit und leblos gewordener Uberiieferung
befangen ist; diese histoire de Edouard Manet ist eine Art Aben-
teuerroman, der die Wechselfälle im Iiampf zwischen Künstler
und Publikum, Niederlage, Achtung, Sieg über die Lebenszeit
Manets hinausgreifend zum Gegenstand hat. Von der zweiten
Ansicht ist die erste zurückgedrängt worden.
Nicht nur Manet, sondern auch anderen französischen Künstlern
des 19. Jahrhunderts spürt man es an, welchen Kraftverbrauch
der Kampf gegen die Herrschaft der akademischen Überlieferung
gefordert hat. Sie bekommen einen polemischen Zug, der in ihren
Werken das Zeitliche und jedenfahs Unklassische ihrer vieh
fach mit Vorliebe so bezeichneten klassischen Kunst bedeutet.
Von einem solchen polemischen Zug ist auch z. B. der junge Rem-
brandt nicht immer frei. Für die deutsche Kunst im 19. Jahr-
hundert war es dagegen ein Vorteil, daß sie dieser polemischen
Belastung nicht unterlag, aus dem einfachen Grund, weil ihr das
Gegenüber einer stark organisierten Akademie feldte. Alanet also
bekam als fast natürliche Mitgift, zumal wo er in das akademische
Stoffgebiet hineingriff, im Nackten seiner Oiympia wie in der
Historie vcn Kaiser Maximihan, den — kurz gesagt: polemischen
Zug. Es mochte wohl richtige Empfindung im Pubiikum sein,
wenn man etwas Herausforderndes in manchen seiner Werke
fand und davon gereizt wurde. Die unsachliche, also wohi auch
unkünstlerische Zutat ist da. Der Feldwebel, der hinter der
Staatsaktion gleichgültig seine Fiinte in Ordnung bringt, trägt
eine gewollte Gleichgültigkeit zur Schau; er polemisiert gegen
Pose, Effekt und Affekt, die sich auf der Kanzel und Büline wie
in der Historienmalerei breit machen. Man könnte es die Antipose
der Pose nennen. Gegen den übertreibenden Ausdruck des Mitspielers
gibt er die übertriebene Müßigkeit des Mannes, der nicht mitspielen
will, der sagt: ich passe. Man kann es verschieden ausdrücken: es
ist Genre und Stilleben, das einmal Historie will, aber im Grund
doch nicht will. In der sachlichen Auffassung dieser unsachlichen
Erfindung werden alle Unbefangenen übereinstimmen. ,,Die Nüch-
ternheit beklemmt uns", war der Eindruck von MEiER-GRÄFE.

Der folgende dritte Abschnitt ist nicht von mir; Beobachtung
und Text sind von dem Assistenten am Heidelberger kunsthistori-
schen Seminar, Herrn WiLHELM FRAENGER.
 
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