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Dove, Alfred; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1916, 8. Abhandlung): Studien zur Vorgeschichte des deutschen Volksnamens — Heidelberg, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.34079#0030
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80

ALFRED DOYE:

von der frischen Naturerscheinung einer noch wesentlich auf sich
selber ruhenden Nationalität berührt ward. Mit noch ganz anderer
Iiraft ergriff dann freihch dies ethnische Wesen sich seibst in der
Empfindung seiner eigenen Angehörigen; wer entsänne sich nicht,
wie stolz im Prologe zur Lex Safica^ der fränkische Wrfasser von
seinern Volkstum redet ? Gens Francorum inclita, auctore Deo
condita, fortis in arma, firma in pacis foedere, profunda in consilio,
corporea nobifis, incolumna candore, forma egregia, audax, velox
et aspera usw.
Aliein wie manchen eigenartigen Zug auch immer eine freund-
liche oder feindliche Beobachtung an diesem oder jenem einzefnen
Volke der Wanderperiode entdecken mochte, in einem Stücke
waren sie alle gleich: eine ungeheure Iiluft trennte die einen wie
die anderen von jenem Gegenteil des Naturzustandes, wefches
im fnnern der Weltmonarchie zu finden war. Es gibt deshafb eine
universelle Charakteristik der έϋνη oder gentes überhaupt: näm-
lich die, welche ilmen durch die Betonung ihrer barbarischen
Quaiität erteift wird. Der große Sammelname der βάρβκροι, der
ehemals die gesamte nichthellenische Außenweft umschloß, ward
in den Zeiten des Kaiserreiches, da die lateinische Zivilisation von
den Griechen wohl oder übei der heffenistischen gleichgeachtet wer-
den mußte, ganz ebenso wie die Existenz der έΕνη über die Peri-
pherie des orbis Romanus hinausgedrängt; auch die Römer aher
hatten ihrerseits Begriff und Wort 'Barbaren' vorlängst mit der
griechischen Bildung selbst zu sich herübergenommen. Die Folge
war, daß in beiden Sprachen die Vorsteflungen der Barbarenwelt
und des Bereiches der 'Völker'schaften fast unauflöslich mit einander
verschmolzen. So begegnen denn in den Quellen unzähfigemal
Ausdrücke wie β&ρβκρον έΕνος, τά άλλα. βάρβκρκ έΡνη, gentes
barbarae, τά βκρβάρων έΕνη barbarorum gentes, in omni gente
omnium barbarorunV usf., um die Zusammensetzung, sowohl der
einzelnen Völker aus barbarischen IndiAÜduen, als auch umgekehrt

^ Ob dieser Prolog der ältere, oder nicht, würde für unseren Gegenstand
wenigaustragen; ichbenutze nur die Gelegenheit, derwiederholtengründlichen
Erörterung von WAiTz (Vfg. II, P S. 121 ff. vgl. 72) mit vollster Überzeugung
zuzustimmen.
3 Agath. V, 10; Socrat. Scholast. bei ZEUss 415; Salvian I. I. IV, 61;
dazu die bereits früher zitierten Beispiele. -— Sonderbarer Übersetzungsfehler:
κκτάτό βκρβοφιχόν έθ-ος secundum barbaricam gentem, Nov. XXI pr., wohl
aus der Geläufigkeit der A^erbindung von έθ-νος und βάρβκροι zu erklären.
 
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