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Dove, Alfred; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1916, 8. Abhandlung): Studien zur Vorgeschichte des deutschen Volksnamens — Heidelberg, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.34079#0060
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ALFRED I)0VE:

zeichnungen gänziich ausgeglichen, blieben diese Ausdrücke doch
im großen stets auf die antike Gesehschaft innerhalb des Imperiums
beschränkt und wandten sich im griechischen Text der öffentlichen
Erlasse natürlich speziell an das in jedem Sinne hellenistische
Publikum, so daß man ihnen bis zuletzt eine gewisse innere Wahr-
heit nicht absprechen konnte.
Lateinisch steht ihnen folgerichtig nicht das Wort gentes mit
seiner Sippe, sondern das um die Mitte des 4. Jahrhunderts neu
aufgebrachte pagani nebst seinem Anhang, paganicus und pagani-
tas, gegenüber^. Paganus ist im kirchlichen Gebrauch offenbar
von Haus aus ein populäres Schimpfwort, das die noch ührigen
Heiden im Umfange des orbis als in der Kultur zurückgebliebene
Bewohner der pagi, des platten Landes im altüberlieferten Gegen-
satz zu den Städten, kennzeichnen sollte^. Wie es denn wirklich

Έλλην^στης, das im Neuen Testament (Apg. 6, 1) einen griechisch redenden
Juden (oder Judenchristen) gegentiber dem echt nationalen 'Hebräer' bezeich-
net, ward später = "Ελλην für den Heiden gebraucht, Sozomen. h. e. VI, 37.
i Ältester Beleg ftir pagani Cod. Theod. XA^I, 2, 18 v. J. 368. — Die
Gleichung mit "Ελληνες aisbald bei Mar. Aüctorin. (DucANGE s. v. pagani)
Graeci, quos "Ελλ^νκς vel paganos vocant, multos deos dicunt. —- Graeci
ist hier ais A^olksname deutlich von "Ελληνες geschieden; dennoch stand
es, wie oben S. 53, A. 2 bemerkt, in den vorhieronynüanischen Bibelübersetzun-
gen regelmäßig für das ietztere und ward erst in der Aüügata an all den Stelien,
die eine nationale Deutung nicht zuließen, durch gentiles ersetzt; denn pagani,
das in der lateinischen Bibel nirgends vorkommt, mußte wenigstens im 4.
Jahrhundert noch auf evangelisch^ und apostolische A^erhältnisse völlig
unanwendbar erscheinen. — Paganicus, dem Έλληνίχός entsprechend (s.
Justinian. adv. Origen. bei MiGNE LXIX, 181/2) ist im ganzen selten, doch
beliebt z. B. bei Salvian (paganica infidelitas d. gub. D. III, 5; barbaries IV,
76 usw.). — Error paganitatis Aug. d. civ. D. ATI, 18. — Über die jüngeren
Bildungen pagania, paganismus usw. cf. DucANGE I. 1.
^ Die Ableitung von pagus ist den Quellen geläufig, doch wird eigentlich
nirgends direkt bezeugt, was freilich die einzig mögliche Erklärung ist, daß
paganus den Bauer besagen sollte; denn Oros. h. I prol. 9 eorum, qui alieni
a civitate Dei ex locorum agrestium conpitis et pagis pagani vocantur ist
doch mehr ein geistlicher AAÜtz auf den Abstand dieser Landleute der Religion
von der Stadt Gottes, als eine historische Erklärung. Isidor sucht auch für
diesen Namen einen helienistischen Grund, indem er (etym. A^III, 10, 1) die
pagi auf die attischen Demen zurückführt: pagani ex pagis Atheniensium dicti,
ubi exorti sunt; ibi enim in locis agrestibus et pagis gentiles lucos idolaque
statuerunt, et a tali initio vocabulum pagani sortiti sunt. — Sachlich kommt
der richtigen Erklärung am nächsten Endelech. c. buc. v. 106 sq. magnis
qui colitur solus in urbibus, Christus. —- An einen Zusammenhang des neuen
 
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