Studien zur Yorgeschichte des deutschen Yolksnamens.
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Erwähnung findet^. Die einzige positive Eigenschaft, die am goti-
schen Wesen anerkannt wird, ist die virtus gentium, jene rohe
Barbarentugend der Tapferkeit, die den Römern ieider abhanden
gekommen; in jeder anderen Hinsicht empfängt es nur das negative
Lob, daß es sich selbst zu verleugnen wisse, sich aus der Sphäre
der gentilitas, welche ad libitum vivit, zum gesetzlichen und gebil-
deten Leben der römischen Gesellschaft hinüberwende: eben
hierin besteht der Unterschied zwischen den Goten und den reliquae
gentes^. Demgemäß trennt denn auch die ostgotische Reichsgrenze
ganz in antiker Weise zwei verschiedene Welten voneinander.
Auf der Binnenseite weilen die nostri, milites oder provinciales,
die confinales populi; draußen dagegen — am gentilis Danubius,
wie sich Gassiodor mit echt römischem Abscheu ausdrückt — sind
die Sitze der gentiles, der suspectae, ferae et agrestissimae gentes,
deren impetus gentilis es gilt von den fines nostri abzuwehrenk
1m diplomatischen Verkehr mit den barbari reges ist allerdings
natürlich meist sehr anerkennend von den gentes die Redeh Den
Königen Ghlodovech und Alarich II. wird zu Gemüte geführt, sie
seien ambo summarum gentium reges; der erstere soll durch eine
Allianz von eximiae gentes conjuratae zur Schonung des letzteren,
zur Beobachtung der leges gentium genötigt werden; bei anderer
Gelegenheit mahnt ihn Theoderich an die gemeinsame gute Gewohn-
heit der gentilitas, der Intervention einer befreundeten Macht in
Güte stattzugeben. Auch des mos gentium, wie er im Fraukauf
und der Adoption durch Waffenleihe hervortritt, wird noch mit
Achtung gedacht, wiewohl die betreffenden Briefe nicht ganz frei
von ironischer Herablassung sind. Dagegen stellt ein Schreiben an
^ Yar. YIII, 9; gens allein X, 14; gentilis in bezug auf die Goten VIII,
11; 17; 21; inter nationes die Goten betreffend VIII, 10; utraeque nationes
neben uterque populus für Goten und Römer VII, 3.
s III, 23; 17; VII, 25; IX, 14; 21. -— Sehr ähniich heißt es einmal von
denKolchern beiAgethias 111,5: είσί τε ού βάρβίχροί τό λοί,πόν ού8έ οΰτω
βίοτεύουσίν, ά/.70ές τό πολί,τίχόν τε χκί έννομον μετοίβέβληντκί τρ πρός Ρω-
μκίους έπίμίξίίΧ-
^ Υ11, 4 formula ducatus Rhaetiarum; der gentilis Danubius VIII, 21.
4 I, 46; II, 41; III, 1—4; IY, 1—2; V, 43—44; IX, 1. Cf. Y, 2; YII,
33; X, 2; 32. Aus stiiistischen Gründen wird dabei abgewechseit zwischen
gentes und populi III, 4; zwischen populi (Alamannici) und gens II, 41; ebd.
natio für einen Teil der gens; dagegen steht natio für gens IY, 1; nationes mit
gentes abwechseind III, 4. Alles sowohi in der Art wie im Grade der Häufig-
keit übereinstimmend mit Jordanis.
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Erwähnung findet^. Die einzige positive Eigenschaft, die am goti-
schen Wesen anerkannt wird, ist die virtus gentium, jene rohe
Barbarentugend der Tapferkeit, die den Römern ieider abhanden
gekommen; in jeder anderen Hinsicht empfängt es nur das negative
Lob, daß es sich selbst zu verleugnen wisse, sich aus der Sphäre
der gentilitas, welche ad libitum vivit, zum gesetzlichen und gebil-
deten Leben der römischen Gesellschaft hinüberwende: eben
hierin besteht der Unterschied zwischen den Goten und den reliquae
gentes^. Demgemäß trennt denn auch die ostgotische Reichsgrenze
ganz in antiker Weise zwei verschiedene Welten voneinander.
Auf der Binnenseite weilen die nostri, milites oder provinciales,
die confinales populi; draußen dagegen — am gentilis Danubius,
wie sich Gassiodor mit echt römischem Abscheu ausdrückt — sind
die Sitze der gentiles, der suspectae, ferae et agrestissimae gentes,
deren impetus gentilis es gilt von den fines nostri abzuwehrenk
1m diplomatischen Verkehr mit den barbari reges ist allerdings
natürlich meist sehr anerkennend von den gentes die Redeh Den
Königen Ghlodovech und Alarich II. wird zu Gemüte geführt, sie
seien ambo summarum gentium reges; der erstere soll durch eine
Allianz von eximiae gentes conjuratae zur Schonung des letzteren,
zur Beobachtung der leges gentium genötigt werden; bei anderer
Gelegenheit mahnt ihn Theoderich an die gemeinsame gute Gewohn-
heit der gentilitas, der Intervention einer befreundeten Macht in
Güte stattzugeben. Auch des mos gentium, wie er im Fraukauf
und der Adoption durch Waffenleihe hervortritt, wird noch mit
Achtung gedacht, wiewohl die betreffenden Briefe nicht ganz frei
von ironischer Herablassung sind. Dagegen stellt ein Schreiben an
^ Yar. YIII, 9; gens allein X, 14; gentilis in bezug auf die Goten VIII,
11; 17; 21; inter nationes die Goten betreffend VIII, 10; utraeque nationes
neben uterque populus für Goten und Römer VII, 3.
s III, 23; 17; VII, 25; IX, 14; 21. -— Sehr ähniich heißt es einmal von
denKolchern beiAgethias 111,5: είσί τε ού βάρβίχροί τό λοί,πόν ού8έ οΰτω
βίοτεύουσίν, ά/.70ές τό πολί,τίχόν τε χκί έννομον μετοίβέβληντκί τρ πρός Ρω-
μκίους έπίμίξίίΧ-
^ Υ11, 4 formula ducatus Rhaetiarum; der gentilis Danubius VIII, 21.
4 I, 46; II, 41; III, 1—4; IY, 1—2; V, 43—44; IX, 1. Cf. Y, 2; YII,
33; X, 2; 32. Aus stiiistischen Gründen wird dabei abgewechseit zwischen
gentes und populi III, 4; zwischen populi (Alamannici) und gens II, 41; ebd.
natio für einen Teil der gens; dagegen steht natio für gens IY, 1; nationes mit
gentes abwechseind III, 4. Alles sowohi in der Art wie im Grade der Häufig-
keit übereinstimmend mit Jordanis.