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R. Reitzenstein :
gesetzt1. So solle denn Aclrasteia über das Tun der Menschen
wachen, er wolle ihr ein geheimes Werkzeug machen, was alles
auf Erden zwingt und knechtet. Das ist unverständlich. Aber die
κοσμοποιία (oben S. 30) sagt, daß Hermes und Moira vom Urgott
die Herrschaft über die Welt (die Menschen) erhalten und der
Wage und des δίκαιον walten2.
Wieder folgt eine Götterversammlung; der Urgott weist
darauf hin, daß seine Herrschaft noch άνεπίγνωστος ist, die
Schöpfung eine αργή σύστασις (vgl. 393, 5). Noch herrscht das
Chaos; das gilt es so zu beseitigen, daß es den Späteren nur wie
ein Mythos erscheint. So beginnt er selbst die διακόσμησις und
alle Götter sollen helfen. So wird die 'schwarze Einheit’ der Materie
aufgelöst, der Himmel erscheint mit seinen Gestirnen, durch das
Sonnenlicht wird die Erde trocken und tritt aus der Wasserfläche
hervor3. Gott aber schaute voll Freude alle seine Werke in Be-
wegung und ließ segnende Himmelsgabe aus seinen Händen auf
die Erde niederträufeln, auf daß sie alles hervorbringen könne
und nichts ihr mehr fehle. — Die Erklärung bietet tatsächlich die
alte iranische Kosmogonie (§ 1). Erst nachdem die υλη durch
das Innewohnen des ersten Menschen, bezw. der Ψυχή, genügend
entkräftet ist, kann sie überwunden werden, und nun bauen die
Götter aus den Leibern der überwundenen Dämonen die sichtbare
Welt; sie spannen den Himmel aus, setzen Sonne, Mond und die
Gestirne an ihn und führen durch sie die Seelenstoffe allmählich
zum Lichtreich zurück. Der Bearbeiter hat die eigentlich dualisti-
schen Züge und die ganze Grundidee einer Gefährdung des Licht-
reiches durch die Finsternis und eines doppelten Kampfes der
beiden beseitigt, die Ordnung des Berichtes aber, den er selbst
nicht mehr voll verstand, beibehalten. Hierdurch wird die bis-
herige Beobachtung, daß die beiden Stücke, die eine Menschen-
schöpfung durch Hermes schildern(393, 3—394 und 399,10—401,9),
Einlagen aus anderen Quellen sind, zur völligen Gewißheit erhoben.
Nur die Frage, ob sie an ihrer Stelle ein älteres Stück verdrängt
haben, läßt sich aufwerfen. Ich glaube das für die zweite Stelle
in der Tat annehmen zu dürfen. Ganz seltsam ist 399, 10 die
1 Das klingt wie eine Ablehnung. Vergleicht man die sonstige Art
des Schriftstellers, so rät man auf ein Zusammenarbeiten mehrerer verschie-
dener Vorlagen.
2 Von dem Fatum, an das Kroll denkt, kann nicht die Rede sein.
3 Vgl. die eingehende Beschreibung in der von Cyrill gegen Julian II
(Cyrill IX 588 Migne) angeführten Schrift προς Ασκληπιόν.
R. Reitzenstein :
gesetzt1. So solle denn Aclrasteia über das Tun der Menschen
wachen, er wolle ihr ein geheimes Werkzeug machen, was alles
auf Erden zwingt und knechtet. Das ist unverständlich. Aber die
κοσμοποιία (oben S. 30) sagt, daß Hermes und Moira vom Urgott
die Herrschaft über die Welt (die Menschen) erhalten und der
Wage und des δίκαιον walten2.
Wieder folgt eine Götterversammlung; der Urgott weist
darauf hin, daß seine Herrschaft noch άνεπίγνωστος ist, die
Schöpfung eine αργή σύστασις (vgl. 393, 5). Noch herrscht das
Chaos; das gilt es so zu beseitigen, daß es den Späteren nur wie
ein Mythos erscheint. So beginnt er selbst die διακόσμησις und
alle Götter sollen helfen. So wird die 'schwarze Einheit’ der Materie
aufgelöst, der Himmel erscheint mit seinen Gestirnen, durch das
Sonnenlicht wird die Erde trocken und tritt aus der Wasserfläche
hervor3. Gott aber schaute voll Freude alle seine Werke in Be-
wegung und ließ segnende Himmelsgabe aus seinen Händen auf
die Erde niederträufeln, auf daß sie alles hervorbringen könne
und nichts ihr mehr fehle. — Die Erklärung bietet tatsächlich die
alte iranische Kosmogonie (§ 1). Erst nachdem die υλη durch
das Innewohnen des ersten Menschen, bezw. der Ψυχή, genügend
entkräftet ist, kann sie überwunden werden, und nun bauen die
Götter aus den Leibern der überwundenen Dämonen die sichtbare
Welt; sie spannen den Himmel aus, setzen Sonne, Mond und die
Gestirne an ihn und führen durch sie die Seelenstoffe allmählich
zum Lichtreich zurück. Der Bearbeiter hat die eigentlich dualisti-
schen Züge und die ganze Grundidee einer Gefährdung des Licht-
reiches durch die Finsternis und eines doppelten Kampfes der
beiden beseitigt, die Ordnung des Berichtes aber, den er selbst
nicht mehr voll verstand, beibehalten. Hierdurch wird die bis-
herige Beobachtung, daß die beiden Stücke, die eine Menschen-
schöpfung durch Hermes schildern(393, 3—394 und 399,10—401,9),
Einlagen aus anderen Quellen sind, zur völligen Gewißheit erhoben.
Nur die Frage, ob sie an ihrer Stelle ein älteres Stück verdrängt
haben, läßt sich aufwerfen. Ich glaube das für die zweite Stelle
in der Tat annehmen zu dürfen. Ganz seltsam ist 399, 10 die
1 Das klingt wie eine Ablehnung. Vergleicht man die sonstige Art
des Schriftstellers, so rät man auf ein Zusammenarbeiten mehrerer verschie-
dener Vorlagen.
2 Von dem Fatum, an das Kroll denkt, kann nicht die Rede sein.
3 Vgl. die eingehende Beschreibung in der von Cyrill gegen Julian II
(Cyrill IX 588 Migne) angeführten Schrift προς Ασκληπιόν.