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Reitzenstein, Richard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1917, 10. Abhandlung): Die Göttin Psyche in der hellenistischen und frühchristlichen Literatur — Heidelberg, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.37643#0094
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94

R. Reitzenstein:

charakteristisch die Darstellungen der Psyche mit der Lampe
(und zwar der verschließbaren Lampe) und ihre Darstellungen
mit dem Fläschchen. Eine Erzählung wird hier offenbar voraus-
gesetzt. Die bisher aufgefundenen Typen stellen dar: 1. Psyche
mit dem Lämpchen am Lager des schlafenden Eros (in den Ein-
zelheiten von Apuleius abweichend), 2. Den Abschied des Eros
von Psyche, die noch die Lampe hei sich trägt, 3. Psyche allein,
ein Fläschchen (άλάβαστρον) tragend, 4. Psyche und Eros in Ver-
einigung; Psyche trägt das Fläschchen noch in der Hand, 5. Eros
schwingt triumphierend das Fläschchen, 6. Psyche mit einem Ge-
fäß in der Hand begrüßt ein Knie beugend Eros, der mit einem
Kruge herbeieilt. Die ältesten Vorlagen mögen in das zweite oder
gar dritte Jahrhundert v. Chr. hinaufreichen, die Wiederholungen
führen bis etwa in das vierte Jahrhundert n. Chr. herab.
Der großen Güte Frau Luise Trojes in Königsberg, die ich
um Angaben über die altchristliche Kunst bat, danke ich die
Kenntnis einiger weiterer Typen, zunächst aber eines interessanten
Nachtrages zu meiner früheren Sammlung (zu Typus 4), des hier
Tafel I abgebildeten Terrakottareliefs von Naukratis (Egypt.
Exploration Fond 6. Memoir. London 1888-89 ed. E. A. Gard-
ner and F. L. Griffith. PI. XVI N. 18): Eros und Psyche wieder
vereinigt; Psyche trägt noch das Fläschchen. Sie ist flügellos
dargestellt; die Köpfe sind auffallend klein, die Körper schlank,
während sie in den von mir früher beigebrachten Darstellungen
schon die Gedrungenheit der späteren koptischen Kunst zeigen
(vgl. in der früheren Abhandlung Abbildung 3a und 3b). Eros
ist nicht mehr Knabe, sondern schon Jüngling; der Typus ist jeden-
falls älter und kommt der von Wolters Archäol. Zeitschr. 1894
S. 11 (Taf. 1) veröffentlichten Darstellung nahe. An Ägypten er-
innert nur der allerdings nicht ganz sichere Wulstkranz. Gefun-
den ist die Gruppe in einem Grabe1.
1 Unsicher ist eine andere späte und rohe Probe koptischer Kleinplastik,
auf die mich ebenfalls Frau Troje aufmerksam macht, aus der alt christlichen
Abteilung des Berliner Museums (Wulff, Bildwerke der christlichen Epochen
Bd. III Taf. V No. 57). Der schlafende Eros ruht auf dem Lager; neben ihm
sitzt auf demselben eine nackte weibliche Gestalt, die sich die Haare aus-
ringt (Haltung des Oberkörpers wie in den bekannten Darstellungen der
Aphrodite oder nackten Frau nach dem Bade). Auf Psyche weist nichts als
die Ähnlichkeit in der Gesamtkomposition mit der Gruppe der Psyche mit
dem Lämpchen am Lager des Eros, Tafel I 1 der früheren Abhandlung. Ist
wirklich Psyche gemeint, so hat der Künstler für den Oberkörper Verständnis-
 
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