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Reitzenstein, Richard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1917, 10. Abhandlung): Die Göttin Psyche in der hellenistischen und frühchristlichen Literatur — Heidelberg, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.37643#0098
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98

R. Reitzen stein:

und damit Psyche versengt) könne auf eine wirkliche Vorlage
— natürlich der Malerei, nicht der Plastik — zurückgehen. Für
den Mythos werde ich freilich auch aus ihr keine Folgerungen
ziehen.
Ich bin etwas breiter auf diese Einzelheiten eingegangen, weil
auch von der rein dekorativen Darstellung und dem scheinbar
zwecklosen Phantasiespiel immer wieder Verbindungen zu alten
religiösen Anschauungen und Mythen herüberführen und ein kleiner
Fund anscheinend Wertlosem hohe Bedeutung geben kann. Ich
selbst erfuhr das bei einem weiteren, mir von Frau Troje gütig
gezeigten Sarkophag, der mir erst nichts für mich zu ergeben schien,
plötzlich aber durch ein neues Fragment der manichäischen Hymnen
seine volle Erklärung und damit Wichtigkeit empfing. Er mag
zugleich den Charakter der heidnischen wie der christlichen Sepul-
chralkunst näher erläutern (siehe Tafel II). Er selbst ist heidnisch,
gehört etwa dem Ende des zweiten Jahrhunderts an und stammt
aus dem Palazzo Vaccari in Rom.
Herausgegeben ist das bekannte Werk zuerst von Visconti,
Bulletino della Commissione archeologica municipale 1873 p. 263,
pl. IV. Es handelt sich bei der Vorderseite scheinbar nur um eine
genrehafte Darstellung von Putti1, die jedoch — diesmal an zwei
Stellen — durch eine besondere Charakterisierung symbolische
Bedeutung gewonnen hat. Das Relief, das ich auf Tafel IIa
wiedergebe, zeigt den Hafen von Alexandria, Pharos und Seba-
steum im Hintergrund, im Vordergrund drei (vier) Nachen mit
je zwei Putti besetzt. Im mittleren sind zwei Eroten, der eine
schlägt das Tympanon, der andere, der gerudert hat, will einen
Fisch harpunieren. Links von ihm rudert Eros die Psyche, die
trostlos dasitzt, die Rechte mit der in diesen Darstellungen typi-
schen Trauergeberde an ihr auf die Schulter sinkendes Haupt
gelegt, in der Linken das Fläschchen. In dem Nachen auf der
rechten Seite rudert wieder Eros die Psyche, die frohlockend die
Doppelflöte bläst. Schon Visconti, dann wieder Leclerq bei
Cabrol, Dictionnaire de V archeologie chr0tienne I 1481 erkannte
die religiöse Bedeutung der Darstellung an, wenn sie sie auch noch
nicht genügend zu stützen wußten. Ich fühlte mich zunächst
an Properz IV 7, 55ff. erinnert:

1 Eine solche ist auch tatsächlich zum Vorbild genommen.
 
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