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Pagenstecher, Rudolf; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1917, 12. Abhandlung): Alexandrinische Studien — Heidelberg, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.37645#0057
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Alexandrinische Studien:

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- schwächlicher trotz allen ,,barocken“ Kraftaufwandes — der
hellenistische Herrscher des Thermenmuseums die Lanze1. Der
rechte Arm ist angespannt, obwohl gesenkt, der Kopf scharf nach
rechts gerichtet, der Blick nach oben gewandt. Dieser starke
Kontrast der Glieder, dieses Vorwärtsschreiten, von dem man weiß,
daß es kein Hindernis kennt und achtet, das ist so zum Ausdruck
gebracht, daß wir vor diesem Werk nur den größten Namen nen-
nen dürfen. Daß unser Hermes auf den Alexander zurückgeht,
das heißt, daß dem Künstler, der ihn arbeitete, der Doryphoros
Lysipps vorschwebte, wenn auch ohne die ausgesprochene Absicht,
ihn zu kopieren, dürfte der Vergleich beweisen. Es ist allerdings
kein Lysipp gewesen, dem wir den Hermes verdanken. Wie
schwächlich ist im Vergleich zu des Meisters Werken die Stellung
unseres Gottes!
Beide Repliken des Hermes stammen aus Ägypten, und zwar
aus dem Norden, ebenso der Alexander des Louvre; sie alle weisen
merkwürdige Ähnlichkeiten in den Einzelheiten auf. Die Behand-
lung der großen Muskeln an der Achsel, die Durcharbeitung der
Brust und der Linie der untersten Rippe, besonders aber die Füh-
rung der Leistenfuge; die etwas flüchtige Behandlung der Füße
und Hände könnten sogar darauf schließen lassen, daß die Kopie
des Alexander sowohl wie des Hermes in derselben Werkstatt her-
gestellt sind. Wenn der Hermes Diskobolos unter dem Einfluß
des Alexander geschaffen ist, müßte der letztere in Ägypten ge-
standen haben. Erst dann wird auch die Herstellung der Repliken
in der gleichen Werkstatt ganz verständlich. Schreiber ver-
mutete dies schon, vielleicht kommen wir in der Sache etwas
weiter.
Unter den Knochenschnitzereien nämlich, welche Strzy-
gowski im Katalog des Museums von Kairo veröffentlicht hat,
befindet sich als Nr. 7090 eines der besten Stücke dieser sonst
nicht sehr erfreulichen Erzeugnisse spätgriechischer Kunst2, ln
Vordersicht gegeben, schreitet ein nackter Jüngling auf uns zu,
ganz im Motiv des Alexander. Dem beschränkten Raum zuliebe
ist die Lanze näher an den Körper herangenommen. Die rechte
Hand ist ebenfalls gesenkt. Bemerkenswerte Unterschiede sind,
daß der Kopf zur Seite, aber nicht nach oben gerichtet ist und daß
1 Bulle, Der schöne Mensch Taf. 75; Schick, Neue Jahrb. f. d. kl.
Altert. XXXII Taf. I.
2 Koptische Kunst. Cat. gen. du Musee du Caire 12 S. 183.
 
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