Alexandrinische Studien.
Wir erhalten also mit ihm ein in Alexandrien entstandenes
Standbild des Hermes, als Werk aus der Schule des Lysipp an
sich bedeutend und für lysippische Tradition in Alexandrien be-
sonders wertvoll. Aber wir können noch weiter kommen.
Eine Kultstatue in einem Hermestempel ist das Original des
SiEGLiNschen Diskoswerfers nicht gewesen1. Wie der griechisch-
ägyptische Hermes in seinem Kultlokal stand, davon können wir
uns wenigstens für Hermupolis eine deutliche Vorstellung machen.
Hier war die Ableitung aus dem Ägyptischen bedeutend stärker
betont2. In die Richtung, in welcher wir zu suchen haben, weist
uns der Diskos. Als Hermes Enagonios, als Herr der Palästra, und
darum rein griechisch war der Gott charakterisiert. Gegeben hat
es einen Hermes Diskobolos ja schon früher, das beweisen Münzen
und Gemmen. Das Symbol des Blattes spricht nicht dagegen;
es wird zum feststehenden, unveränderlichen Attribut des grie-
chisch-ägyptischen Hermes und beweist nicht, daß der Griechen-
gott in irgend einer Eigenschaft dargestellt sei, die dem Wesen
eines ägyptischen Gottes entlehnt wäre. So sitzt das Blatt noch
zwischen den Kopfflügeln auf einem Beintäfelchen des Heidel-
berger Archäologischen Instituts, welches ich in Alexandrien kaufte3.
Vor dem Gott streckt sich eine fremde Hand aus, die einen Apfel
hält. Es war das Parisurteil dargestellt: auch in seiner Eigenschaft
als Geleiter der Göttinnen zum Schönheitskampf legt Hermes das
Blatt nicht ab. Dem Hermes Diskoswerfer ist in Ägypten das
Symbol nicht minder unentbehrlich.
Daß er der Herr der Palästra, der Beschützer der Gymnastik
war, ist zur Genüge bekannt. Hermesfeste wurden ihm zu Ehren
gefeiert4. In einer Ringbahn, wohl in Alexandrien selbst, wird das
1 Über das „Mercurium“ in Alexandrien Botti, Plan d’Alexandrie,
1898, 112.
2 W. Weber, Heid. S.-B. 1910, 7 S. 6 vgl. Otto, Priester und Tempel
I 169, 128.
3 R. Förster nimmt Röm. Mitt. XXIX 1914, 182 meine Deutung
nicht an, „da das Relief an der linken Seite hinter Hermes abgeschlossen
ist.“ Bei der Technik der Kästchen, die mit Knochenschnitzereien verziert
wurden, kann ich diesen Einwand als Gegengrund nicht gelten lassen. Die
Täfelchen wurden einzeln eingelassen und eine einheitliche Darstellung konnte
sehr wohl auf mehrere räumlich und architektonisch (hier durch eine ionische
Säule) getrennte Plättchen verteilt werden.
4 Welcker, Griechische Götterlehre II 450ff.; Preller-Robert,
Griechische Mythologie 146.
Wir erhalten also mit ihm ein in Alexandrien entstandenes
Standbild des Hermes, als Werk aus der Schule des Lysipp an
sich bedeutend und für lysippische Tradition in Alexandrien be-
sonders wertvoll. Aber wir können noch weiter kommen.
Eine Kultstatue in einem Hermestempel ist das Original des
SiEGLiNschen Diskoswerfers nicht gewesen1. Wie der griechisch-
ägyptische Hermes in seinem Kultlokal stand, davon können wir
uns wenigstens für Hermupolis eine deutliche Vorstellung machen.
Hier war die Ableitung aus dem Ägyptischen bedeutend stärker
betont2. In die Richtung, in welcher wir zu suchen haben, weist
uns der Diskos. Als Hermes Enagonios, als Herr der Palästra, und
darum rein griechisch war der Gott charakterisiert. Gegeben hat
es einen Hermes Diskobolos ja schon früher, das beweisen Münzen
und Gemmen. Das Symbol des Blattes spricht nicht dagegen;
es wird zum feststehenden, unveränderlichen Attribut des grie-
chisch-ägyptischen Hermes und beweist nicht, daß der Griechen-
gott in irgend einer Eigenschaft dargestellt sei, die dem Wesen
eines ägyptischen Gottes entlehnt wäre. So sitzt das Blatt noch
zwischen den Kopfflügeln auf einem Beintäfelchen des Heidel-
berger Archäologischen Instituts, welches ich in Alexandrien kaufte3.
Vor dem Gott streckt sich eine fremde Hand aus, die einen Apfel
hält. Es war das Parisurteil dargestellt: auch in seiner Eigenschaft
als Geleiter der Göttinnen zum Schönheitskampf legt Hermes das
Blatt nicht ab. Dem Hermes Diskoswerfer ist in Ägypten das
Symbol nicht minder unentbehrlich.
Daß er der Herr der Palästra, der Beschützer der Gymnastik
war, ist zur Genüge bekannt. Hermesfeste wurden ihm zu Ehren
gefeiert4. In einer Ringbahn, wohl in Alexandrien selbst, wird das
1 Über das „Mercurium“ in Alexandrien Botti, Plan d’Alexandrie,
1898, 112.
2 W. Weber, Heid. S.-B. 1910, 7 S. 6 vgl. Otto, Priester und Tempel
I 169, 128.
3 R. Förster nimmt Röm. Mitt. XXIX 1914, 182 meine Deutung
nicht an, „da das Relief an der linken Seite hinter Hermes abgeschlossen
ist.“ Bei der Technik der Kästchen, die mit Knochenschnitzereien verziert
wurden, kann ich diesen Einwand als Gegengrund nicht gelten lassen. Die
Täfelchen wurden einzeln eingelassen und eine einheitliche Darstellung konnte
sehr wohl auf mehrere räumlich und architektonisch (hier durch eine ionische
Säule) getrennte Plättchen verteilt werden.
4 Welcker, Griechische Götterlehre II 450ff.; Preller-Robert,
Griechische Mythologie 146.