Die Isisweihe bei Apuleius und verwandte Initiations-Riten.
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dem man dieses Täfelchen mitgab, mit solchem Spruch ausgerüstet
in die Unterwelt gelangte, dann durfte er hoffen, dort das ver-
sprochene Heil zu finden. Ein solcher Gedanke könnte auch mit
unseren Sprüchen verbunden worden sein; zumal mit dem Isis-
text, denn die Göttin verkündet dem Lucius ausdrücklich (Apu-
leius Met. XI 6), daß er als ihr Myste auch im Hades bevorzugt
sein werde: uiues autem beatus, uiues in mea tutela gloriosus,
et cum spatium saeculi tui permensus ad inferos demearis, ibi
quoque in ipso subterraneo semirotundo me, quam uides, Acheron-
tis tenebris interlucentem Stygiisque penetralibus regnantem,
campos Elysios incolens ipse, tibi propitiam frequens adorabis.
Der wichtigste Einwand, der gegen die hier vorgetragene
Einschätzung des Isis-Textes erhoben werden kann, besteht in
dem Hinweis auf die fides silentii1; ist es glaublich, daß der in die
Mysterien eingeweihte Apuleius eine heilige Kultformel der Öffent-
lichkeit preisgegeben habe ? Das Argument ist wohl nicht so ge-
wichtig wie es ausschaut. Wenn der Autor sich durch Gelübde oder
Pietät zu einem unbedingten Stillschweigen über die Einweihung
verpflichtet gefühlt hätte, so hätte er das ganze elfte Buch der
Metamorphosen ungeschrieben gelassen, weil es schon damals
ebenso wie heute der Wißbegier wie der Neugier der „Profanen“
wichtigste Quelle werden konnte. Das Schweigegebot hat in Wirk-
lichkeit begrenzte Geltung; eine kurze Erzählung der Kultsage
ist auch vor Ungeweihten erlaubt; nur die Einzelheiten, vor allem
die in den Mysterien gezeigten heiligen Gegenstände und Hand-
lungen gilt es vor profanen Blicken zu schützen2. Von den Formeln
des Kultus werden selbstverständlich die liturgischen Sprüche,
welche die Handlung begleiten sollten und erläutern konnten, mit
gleicher Sorgfalt gehütet worden sein3; auch bei symbola, die als
Erkennungszeichen dienen, ist Diskretionspflicht zunächst schon
durch ihren Zweck geboten. Aber gerade bei ihnen ist es wahr-
1 So bei Tertullian, Apol. 8. Vgl. im übrigen Lobeck, Aglaophamus
64ff., Anrich, Antikes Mysterienwesen 81 f.
2 Rohde hat diese zum Teil im Anschluß an Lobecks Ausführungen
(Aglaophamus I 48ff.) gewonnene Erkenntnis so formuliert: ,,es war nicht
leicht, das „Mysterium.“ auszuplaudern, denn eigentlich auszuplaudern gab es
nichts“ (Psyche I4 289). Vgl. auch die kurze Darstellung bei Anrich a. a. O.
31 f.
3 Auf diese Formeln bezieht sich wohl die Stelle bei Pseudo-Lysias
adv. Andoc. 51 ούτος γάρ ένδύς στολήν, μψ,ούμενος τά ιερά έπεδείκνυ τοΐς άμυήτοις
καί είπε τή φωνή τά απόρρητα und dazu Rohde a. a. Ο. I4 289 Anm. 2.
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dem man dieses Täfelchen mitgab, mit solchem Spruch ausgerüstet
in die Unterwelt gelangte, dann durfte er hoffen, dort das ver-
sprochene Heil zu finden. Ein solcher Gedanke könnte auch mit
unseren Sprüchen verbunden worden sein; zumal mit dem Isis-
text, denn die Göttin verkündet dem Lucius ausdrücklich (Apu-
leius Met. XI 6), daß er als ihr Myste auch im Hades bevorzugt
sein werde: uiues autem beatus, uiues in mea tutela gloriosus,
et cum spatium saeculi tui permensus ad inferos demearis, ibi
quoque in ipso subterraneo semirotundo me, quam uides, Acheron-
tis tenebris interlucentem Stygiisque penetralibus regnantem,
campos Elysios incolens ipse, tibi propitiam frequens adorabis.
Der wichtigste Einwand, der gegen die hier vorgetragene
Einschätzung des Isis-Textes erhoben werden kann, besteht in
dem Hinweis auf die fides silentii1; ist es glaublich, daß der in die
Mysterien eingeweihte Apuleius eine heilige Kultformel der Öffent-
lichkeit preisgegeben habe ? Das Argument ist wohl nicht so ge-
wichtig wie es ausschaut. Wenn der Autor sich durch Gelübde oder
Pietät zu einem unbedingten Stillschweigen über die Einweihung
verpflichtet gefühlt hätte, so hätte er das ganze elfte Buch der
Metamorphosen ungeschrieben gelassen, weil es schon damals
ebenso wie heute der Wißbegier wie der Neugier der „Profanen“
wichtigste Quelle werden konnte. Das Schweigegebot hat in Wirk-
lichkeit begrenzte Geltung; eine kurze Erzählung der Kultsage
ist auch vor Ungeweihten erlaubt; nur die Einzelheiten, vor allem
die in den Mysterien gezeigten heiligen Gegenstände und Hand-
lungen gilt es vor profanen Blicken zu schützen2. Von den Formeln
des Kultus werden selbstverständlich die liturgischen Sprüche,
welche die Handlung begleiten sollten und erläutern konnten, mit
gleicher Sorgfalt gehütet worden sein3; auch bei symbola, die als
Erkennungszeichen dienen, ist Diskretionspflicht zunächst schon
durch ihren Zweck geboten. Aber gerade bei ihnen ist es wahr-
1 So bei Tertullian, Apol. 8. Vgl. im übrigen Lobeck, Aglaophamus
64ff., Anrich, Antikes Mysterienwesen 81 f.
2 Rohde hat diese zum Teil im Anschluß an Lobecks Ausführungen
(Aglaophamus I 48ff.) gewonnene Erkenntnis so formuliert: ,,es war nicht
leicht, das „Mysterium.“ auszuplaudern, denn eigentlich auszuplaudern gab es
nichts“ (Psyche I4 289). Vgl. auch die kurze Darstellung bei Anrich a. a. O.
31 f.
3 Auf diese Formeln bezieht sich wohl die Stelle bei Pseudo-Lysias
adv. Andoc. 51 ούτος γάρ ένδύς στολήν, μψ,ούμενος τά ιερά έπεδείκνυ τοΐς άμυήτοις
καί είπε τή φωνή τά απόρρητα und dazu Rohde a. a. Ο. I4 289 Anm. 2.