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Dibelius, Martin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1917, 4. Abhandlung): Die Isisweihe bei Apuleius und verwandte Initiations-Riten — Heidelberg, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.37637#0016
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Martin Dibelius:

scheinlich, daß häufiger Gebrauch das Geheimnis auch in den Besitz
Ungeweihter kommen ließ, und es darf bezweifelt werden, ob
Sprüche, die man aufgeschrieben dem Toten ins Grab mitgab,
völlig geheim geblieben sind.
Bereits diese allgemeinen Erwägungen über die Schweige-
pflicht in den Mysterien überhaupt lassen es als nicht unmöglich
erscheinen, daß Apuleius mit gutem Gewissen eine Formel des
Isis-Dienstes mitteilen konnte. Zudem besitzen wir aber von ihm
selbst eine Äußerung über die Schweigepflicht, die den Unter-
schied zwischen der Geheimhaltung heiliger Gegenstände und
dem Verschweigen heiliger Formeln beleuchtet. Er wehrt sich in
der Apologie Kap. 53ff. gegen die Behauptung des Gegners, daß
er Zaubergerätschaften heimlich aufbewahre. Der Vorwurf gründet
sich auf die Tatsache, daß Apuleius im Hause des Pontianus
gewisse Gegenstände, die nie jemand gesehen, eingewickelt in einem
Tuche verborgen halte; die Verteidigung versucht zu beweisen,
daß es sich um signa und monumenta von Mysterien handle. Ein
höchst schwieriger Beweis, da die Schweigepflicht weder gestattet
die Dinge mit Namen zu nennen noch die Harmlosigkeit ihres
Gebrauches darzutun. Apuleius bleibt sich dieser Schwierigkeit
bewußt; er appelliert darum an das Wissen der etwa zufällig an-
wesenden Eingeweihten. Sie werden ihm bestätigen können, daß
man dergleichen aufbewahrt : sacroriun pleraque initia in Graecia
participaui. eorum quaedam signa et monumenta tradita mihi
a sacerdotibus sedulo conseruo. nihil insolitum, nihil incognitum
dico; (soviel ist trotz des Schweigegebotes von den Mysterien be-
kannt, und wer eingeweiht ist, weiß noch mehr:) uel unius Liberi
patris mystae1 qui adestis scitis, quid domi conditum celetis et
absque omnibus profanis tacite ueneremini (Apol. 55 p. 62 Helm).
Lind als ein ähnlicher Appell muß auch die nicht ganz deutliche
Stelle Kap. 56 Ende p. 642 verstanden werden. Nur wendet sich
1 Vgl. Abt, Die Apologie des Apuleius von Madaura und die antike
Zauberei (Religionsgesch. Vers. u. Vorarbeiten IV 2) 214. Der Redner meint
vermutlich den eleusinischen Kult und die mystische κίστη mit dem Phallus.
Auch die signa und monumenta in dem Tuch müssen nach den Andeutungen
des Apuleius Gegenstände sein. Auch signum ist also in Beziehung auf die
Mysterien doppeldeutig und bezeichnet genau wie σύμβολον (vgl. S. 11 Anm. 3)
sowohl Gegenstände als Formeln (signum = „Formel“ in der sofort zu zitie-
renden Stelle Apologie 56 und bei Firmicus Maternus XVIII, zitiert S. 9).
2 Eine Erklärung der Stelle findet sich weder bei Abt, a. a. O., noch
bei Vallette, L’Apologie d’Apulee (Paris 1908).
 
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