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Dibelius, Martin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1917, 4. Abhandlung): Die Isisweihe bei Apuleius und verwandte Initiations-Riten — Heidelberg, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.37637#0020
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Martin Dibelius:

simae religionis secreta pernaderem und daß XI 28 vor der
Osirisweihe gesagt wird tantas caerimonias aditurus, so läßt sich
die Vermutung nicht von der Hand weisen, daß derartige Verba
des Führens und Gehens — genauer: ihre griechischen Äquivalente
— in technischer Bedeutung verwendet wurden1. Nicht nur von
den penetralia des Heiligtums heißt es, daß man dahin geführt
werde; „hinzutreten“, „hineinschreiten“ gilt auch von caerimoniae
und secreta. Die Initiation selbst ist ein von der Göttin gestattetes
„Eintreten“ in das Heiligtum, seine Geheimnisse und seine Feiern.
Alles deutet also auf die eigentliche Bedeutung der Verba, schließt
dann aber auch die Annahme nur subjektiven Erlebens aus; denn
schon das Betreten des heiligen Ortes unter Führung des Mysta-
gogen ist ein Teil der Initiation; der Raum selber ist des Wunder-
baren voll; dies zu schauen, daran teilzunehmen ist gottgeschenktes
Erlebnis. Daß sich zu diesem Erleben jedes Mysten bei dem ein-
zelnen noch besondere Erfahrungen gesellen, ist von vornherein
glaublich. Aber für Art und Geltung der Handlung ist nicht der
subjektive, sondern der objektive Vorgang konstitutiv, so wie
er in der von Apuleius wiedergegebenen Formel angedeutet ist2.
Wegen des Terminus deducit bei Apuleius denkt man wohl
;am besten an einen unterirdischen heiligen Raum3: hier war das
Reich der Proserpina. Was dort dem Eintretenden geschah, wissen
wir nicht. Es ist schon erwähnt, daß die Worte accessi confinium

1 Auf diese Beobachtung hat mich vor einigen Jahren Eduard Nor-
den brieflich hingewiesen. Daß Apuleius zahlreiche technische Ausdrücke
des Kults in seiner Darstellung verwendet hat, leuchtet jedem Leser des
Buches ein. —· Etwas anderes ist es, wenn Perdelwitz, Die Mysterienreli-
gionen und das Problem des I. Petrusbriefes (Rel. Vers. u. Wrarbt. ΧΪ 3)
70 die Worte fani quidem aduena XI 26 und die Inschrift adven(tor) huius
templi (Mithreum in Dorstadt) heranzieht, um die Herkunft von προσερ-
χόμενοι I. Petr. 2,4 aus den Mysterien zu erweisen. Denn aduena mindestens
bezeichnet an der genannten Stelle gerade den in dem betr. Kult noch nicht
Geweihten —- Gegensatz: indigena.
2 Vgl. Cumont, Die orientalischen Pveligionen im römischen Heiden-
tum, deutsche Ausgabe, S. 275 Anm. 84: „Der letzte Kommentator dieser
Stelle, de Jong, neigt zu der Annahme, daß es sich um eine bloße ekstati-
sche Vision handele; aber die Vision war jedenfalls durch eine dramatische
Aufführung veranlaßt, bei der man das Dunkel der DAterwelt und den Himmel
sehen ließ.“ — Der Ausdruck „Dramatisch“ scheint mir in diesem Falle
.mißverständlich zu sein, da in dem „Drama“ der Einzuweihende mitspielt.
■3 Belege dafür gibt Maass, Orpheus 132 Anm. 10 und 176 Anm. 3.
 
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