Die Isisweihe bei Apuleius und verwandte Initiations-Riten.
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scher Beziehung frei und zum Teil schon gnostisch ■ getönt — in
das Urchristentum eindrang und damit der Invasion gnostischer
Mythen und Spekulationen den Weg bereitete. Es gibt noch eine
dritte Art der Verbindung, die uns aber vorderhand weniger er-
kennbar ist und die ich darum zum Schluß nur erwähnen will.
Es handelt sich darum, daß synkretistische Religionen sich
christliches Gut aneignen und assimilieren. Den Mysterien-
priestern in Kolossä schien — wie oben gesagt — das Christentum
so erträglich, daß sie Christen ein weihten, ohne sie aus der christ-
lichen Gemeinde herauszureißen; dieselbe Empfindung mag andere
Verkünder synkretistischer Religionen bewogen haben, sich ihrer-
seits dem Christentum zu nähern, ohne die ihnen eigene Fröm-
migkeit preiszugeben. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist Simon
Magus in diesen Zusammenhang einzureihen. Allerdings ist die
historische Gestalt dieses Namens vor legendärer Umbildung
schwer erkennbar. Aber das Bild, das Act. 8,9f. gezeichnet wird,
darf wenigstens Anspruch auf typische Bedeutung erheben1:
einer der synkretistischen Propheten, die damals die Länder Vor-
derasiens durchziehen, lernt das Christentum kennen. Die Wir-
kungen, die von seinen Verkündern ausgehen und sich in Wort
und Tat dokumentieren, ziehen ihn an, denn auf solche Wirkungen
ist sein eigenes Ansehen als des neuen großen Gottesoffenbarers
gestellt. So , sucht er Anschluß an die konkurrierende Bewegung,
um durch Teilnahme an ihrem Kultus in den Besitz ihrer Technik
zu kommen, das heißt der Weihen, Sprüche und Riten, die nach
seiner Meinung solche Kräfte verschaffen. Je stärker das Christen-
tum seine Ausschließlichkeit geltend macht, desto rascher muß
sich das allzu leicht geknüpfte Band wieder lösen. Je weniger die
Christen das Trennende empfinden, desto eher können sie einen
solchen Außenseiter ertragen. Einige Andeutungen in den Evan-
gelien wie in der Apostelgeschichte bezeugen, daß solche Fälle sich
wiederholten und von den Christengemeinden bald freundlich bald
feindlich beurteilt wurden; ich habe die Stellen seinerzeit unter
dem Stichwort ,,Halbchristentum“ gesammelt und untersucht2.
1 Da es mir nur auf den Typus ankommt, lasse icli die Frage beiseite,
inwiefern der Autor der Acta apostolorum die ihm überlieferte Nachricht
redigiert und, zumal mit 8,14ff., in den Zusammenhang seiner Darstellung
eingereiht hat. ...
2 Vgl. meine Schrift ,,t)ie urchristl. Überlieferung von Johannes dem
Täufer S. 90ff.
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scher Beziehung frei und zum Teil schon gnostisch ■ getönt — in
das Urchristentum eindrang und damit der Invasion gnostischer
Mythen und Spekulationen den Weg bereitete. Es gibt noch eine
dritte Art der Verbindung, die uns aber vorderhand weniger er-
kennbar ist und die ich darum zum Schluß nur erwähnen will.
Es handelt sich darum, daß synkretistische Religionen sich
christliches Gut aneignen und assimilieren. Den Mysterien-
priestern in Kolossä schien — wie oben gesagt — das Christentum
so erträglich, daß sie Christen ein weihten, ohne sie aus der christ-
lichen Gemeinde herauszureißen; dieselbe Empfindung mag andere
Verkünder synkretistischer Religionen bewogen haben, sich ihrer-
seits dem Christentum zu nähern, ohne die ihnen eigene Fröm-
migkeit preiszugeben. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist Simon
Magus in diesen Zusammenhang einzureihen. Allerdings ist die
historische Gestalt dieses Namens vor legendärer Umbildung
schwer erkennbar. Aber das Bild, das Act. 8,9f. gezeichnet wird,
darf wenigstens Anspruch auf typische Bedeutung erheben1:
einer der synkretistischen Propheten, die damals die Länder Vor-
derasiens durchziehen, lernt das Christentum kennen. Die Wir-
kungen, die von seinen Verkündern ausgehen und sich in Wort
und Tat dokumentieren, ziehen ihn an, denn auf solche Wirkungen
ist sein eigenes Ansehen als des neuen großen Gottesoffenbarers
gestellt. So , sucht er Anschluß an die konkurrierende Bewegung,
um durch Teilnahme an ihrem Kultus in den Besitz ihrer Technik
zu kommen, das heißt der Weihen, Sprüche und Riten, die nach
seiner Meinung solche Kräfte verschaffen. Je stärker das Christen-
tum seine Ausschließlichkeit geltend macht, desto rascher muß
sich das allzu leicht geknüpfte Band wieder lösen. Je weniger die
Christen das Trennende empfinden, desto eher können sie einen
solchen Außenseiter ertragen. Einige Andeutungen in den Evan-
gelien wie in der Apostelgeschichte bezeugen, daß solche Fälle sich
wiederholten und von den Christengemeinden bald freundlich bald
feindlich beurteilt wurden; ich habe die Stellen seinerzeit unter
dem Stichwort ,,Halbchristentum“ gesammelt und untersucht2.
1 Da es mir nur auf den Typus ankommt, lasse icli die Frage beiseite,
inwiefern der Autor der Acta apostolorum die ihm überlieferte Nachricht
redigiert und, zumal mit 8,14ff., in den Zusammenhang seiner Darstellung
eingereiht hat. ...
2 Vgl. meine Schrift ,,t)ie urchristl. Überlieferung von Johannes dem
Täufer S. 90ff.