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Hausrath, August; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1918, 2. Abhandlung): Achiqar und Aesop: das Verhältnis der orientalischen zur griechischen Fabeldichtung — Heidelberg, 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.37664#0006
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August Hausrath:

schmerzlich des weisen Achiqar. Da gesteht der Henker, daß die-
ser noch am Lehen sei. Er wird herbeigeholt, reinigt sich von
jedem Verdacht und geht dann nach Ägypten. Dort löst er die
ihm vom Pharao vorgelegten άπορίαι in einer uns oft kindlich
anmutenden trügerischen Weise1 und kehrt mit Schätzen über-
häuft nach Ninive zurück. Als einzige Gnade erbittet er sich von
Sennacherib, daß dieser ihm den Nadin zur Bestrafung ausliefere.
Er läßt diesen dann geißeln und in ein Gefängnis werfen, aus dem
er täglich herausgeholt wird, um die Strafreden seines Oheims
anzuhören. Die Strafreden bilden dann die zweite Glanzpartie
dieses pädagogischen Romans. Schließlich hält Nadin das nicht
länger aus, er schwillt vor Wut auf wie ein Schlauch und zer-
platzt.
Diese Geschichte war bisher in syrischen, arabischen, äthiopi-
schen, türkischen und slavischen Fassungen bekannt; als Ge-
schichte vom weisen Haiquar ist sie auch in den Bereich der
1001 Nacht eingedrungen. Nunmehr liegt als weitaus älteste die
aramäische, leider sehr verstümmelte Form vor. Auf ihre Be-
deutung für die Geschichte des Romans soll am Schluß einge-
gangen werden.
Daß der Achiqarroman in hellenistischer Zeit auch auf grie-
chische Literatur weitergewirkt hat, ist von den Gräcisten seit
lange zugegeben. Denn in dem Aesoproman, zu dem sich im Laufe
der Zeit das altjonische Volksbuch vom klugen Knecht Aesop ver-
wandelt hat2, sind Partien, die unzweifelhaft auf Achiqar zurück-
zuführen sind. Dieser βίος Aiodmov {= fabulae Romanenses ed.
Eberhard 226—305) zerfällt ersichtlich in drei Teile. Der erste
enthält die aus dem altjonischen Volksbuche geschöpften Er-
zählungen von Aesops Tun und Treiben in Samos, der letzte, der
zum Teil auf delphischen Tempellegenden beruht, die Schilderung
von Aesops Ermordung durch die Priester in Delphi. Zwischen
diese beiden hellenischen Bestandteile des Romans ist als Mittel-
stück die fremdartig anmutende Episode von Aesops Tätigkeit als
Rätseldeuter und Zauberkünstler an den Höfen von Babylon
und Ägypten eingeschoben. Die Einfügung geschieht sehr unge-
schickt im Kapitel 23 (Eberhard p. 285), wo den Aesop unmoti-
viert die Lust anwandelt, die Welt zu durchziehen und sich mit
1 Nöldeke S. 5 u. unten S. 7.
2 Vgl. Pauly-Wissowa R. E. VI 1711—44 und Paul Marc, Byz.
Ztschr. XIX (1910) 383ff.
 
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