Die Tempel von Lhasa;
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Polemik bedürfen so umfangreicher Kommentierung, daß dem Leser
der deutschen Übersetzung ein voller Genuß kaum beschieden sein
dürfte. Ich erinnere mich, daß ich im Sommer 1907 in Urumtsi
einen jungen Kazakenoffizier traf, der dort Deutsch lernen wollte.
Mit einer höchst dürftigen Grammatik, einem noch dürftigeren
Taschenwörterbuch saß der Mann, um seiner Langweile oder viel,
leicht damals schon einem weitaussehenden höheren Wink Genüge
zu leisten, vor dem einzigen Text, den er hatte erlangen können,
vor Goethes Faust. Fragen über Fragen beglückten mich, besonders
in bezug auf den zweiten Teil, den ich selbst nie gelesen habe;
unter meinen verzweifelten Anstrengungen, mit stammelndem R.us-
sisch „homunculus, famulus etc.“ zu erklären,* kam schließlich das
Resultat: höchst betrübt sagte mir der Mann: „und ein Gedicht,
das so schwierig zu verstehen ist wie dies, bewundern die Deut-
schen“ und legte das Buch weg. Das ist der Fall, in dem wir
vor tibetischen Gedichten uns befinden. Was also meine Über-
setzung betrifft, so will sie weniger das ästhetische Verdienst wür-
digen, als den Inhalt in bezug auf das Sachliche möglichst richtig-
wiedergeben.
Wir besitzen mehrere Beschreibungen der Tempel von Lhasa
und zwei Planskizzen. Die erstere, welche Georgi (Alphabetum
Tibetanum) gibt, ist unverwendbar; ich wiederhole hier die Skizze
•A. Waddells (Lhasa and its Mysteries, Lond. 1905, S, 365ff.).
Aber diese genügt durchaus nicht, die in dem Sc’hriftchen erwähnten
Objekte mit absoluter Sicherheit zu lokalisieren. Zweifellos gehen
die von Ghandradäs, Journey to Lhasa and Central Tibet, London
1902, S. 151 ff., gegebenen Notizen und die Materialien bei Graham
Sandberg, Tibet and the Tibetans, Lond. 1906, S. 182, über die
Tempel Lhasas auf unser Werkchen zurück, ja die ersteren scheinen
direkt mit A. Waddells Bericht irgendwie zusammenzuhängen. Wie
wenig genau sachlich und wie flüchtig in der Darstellung das alles
ist, geht u. a. bezüglich, des letzteren aus der Tatsache hervor,
daß ein Stück der Beschreibung des lCags-po-ri-Tempels, fast wört-
lich mit den erwähnten Berichten übereinstimmend, unter dem Ab-
schnitt des Tempels Ra-mo-c'e aufgeführt wird! Es ist der Anfang
von Fol. 19A, Vgl. unten.
Wie sich unser dKar-üag zu dem Lha-sai dKar-c ag des
Manjughosänanda (Byams-dbyans-dga-ba) verhält, von dem V. Va-
siljev, Leorpacffia THÖeTa, C. IleT. 1895, S. 26, spricht, kann ich
leider nicht sagen, da er zurzeit nicht erreichbar ist.
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Polemik bedürfen so umfangreicher Kommentierung, daß dem Leser
der deutschen Übersetzung ein voller Genuß kaum beschieden sein
dürfte. Ich erinnere mich, daß ich im Sommer 1907 in Urumtsi
einen jungen Kazakenoffizier traf, der dort Deutsch lernen wollte.
Mit einer höchst dürftigen Grammatik, einem noch dürftigeren
Taschenwörterbuch saß der Mann, um seiner Langweile oder viel,
leicht damals schon einem weitaussehenden höheren Wink Genüge
zu leisten, vor dem einzigen Text, den er hatte erlangen können,
vor Goethes Faust. Fragen über Fragen beglückten mich, besonders
in bezug auf den zweiten Teil, den ich selbst nie gelesen habe;
unter meinen verzweifelten Anstrengungen, mit stammelndem R.us-
sisch „homunculus, famulus etc.“ zu erklären,* kam schließlich das
Resultat: höchst betrübt sagte mir der Mann: „und ein Gedicht,
das so schwierig zu verstehen ist wie dies, bewundern die Deut-
schen“ und legte das Buch weg. Das ist der Fall, in dem wir
vor tibetischen Gedichten uns befinden. Was also meine Über-
setzung betrifft, so will sie weniger das ästhetische Verdienst wür-
digen, als den Inhalt in bezug auf das Sachliche möglichst richtig-
wiedergeben.
Wir besitzen mehrere Beschreibungen der Tempel von Lhasa
und zwei Planskizzen. Die erstere, welche Georgi (Alphabetum
Tibetanum) gibt, ist unverwendbar; ich wiederhole hier die Skizze
•A. Waddells (Lhasa and its Mysteries, Lond. 1905, S, 365ff.).
Aber diese genügt durchaus nicht, die in dem Sc’hriftchen erwähnten
Objekte mit absoluter Sicherheit zu lokalisieren. Zweifellos gehen
die von Ghandradäs, Journey to Lhasa and Central Tibet, London
1902, S. 151 ff., gegebenen Notizen und die Materialien bei Graham
Sandberg, Tibet and the Tibetans, Lond. 1906, S. 182, über die
Tempel Lhasas auf unser Werkchen zurück, ja die ersteren scheinen
direkt mit A. Waddells Bericht irgendwie zusammenzuhängen. Wie
wenig genau sachlich und wie flüchtig in der Darstellung das alles
ist, geht u. a. bezüglich, des letzteren aus der Tatsache hervor,
daß ein Stück der Beschreibung des lCags-po-ri-Tempels, fast wört-
lich mit den erwähnten Berichten übereinstimmend, unter dem Ab-
schnitt des Tempels Ra-mo-c'e aufgeführt wird! Es ist der Anfang
von Fol. 19A, Vgl. unten.
Wie sich unser dKar-üag zu dem Lha-sai dKar-c ag des
Manjughosänanda (Byams-dbyans-dga-ba) verhält, von dem V. Va-
siljev, Leorpacffia THÖeTa, C. IleT. 1895, S. 26, spricht, kann ich
leider nicht sagen, da er zurzeit nicht erreichbar ist.