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Driesch, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 18. Abhandlung): Logische Studien über Entwicklung, 2 — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37695#0014
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14

Hans Driesch:

Äquipotentialität gegründete Regulabilität einer echten Entwick-
lung erfordert deren eine größere Anzahl.
Ontologisch „verstanden“ wird hier das aus der Biologie als
Furchung bekannte Phänomen und alles, was ihm ähnelt, wie
z. B. die Zerklüftung einer beliebigen „Anlage“zelle für irgend ein
embryonales Organ in äquipotentielle Zellen. Ontologisch verstan-
den wird auch (Aufgabe III) die Fortpflanzung.
Sehr vieles aus der Morphogenese der mehrzelligen Organismen
wird also ontologisch verstanden; und nicht nur vieles aus der
Morphogenese der Mehrzelligen, der „Metazoen“. Auch bei den
Protozoen, den Einzelligen, liegt alles im Prinzip gleich, wenn auch
liier nicht „Zellen“ die äquipotentiellen Partialsysteme sind. Denn
auch Protozoen vermehren sich durch Keime und zeigen Regu-
lationen nach Verletzungen. Die Partialsysteme sind hier nicht
in für das Auge sichtbarer Weise von einander abgegrenzt, aber
sie sind da.
Der Begriff der „Maskierung“ von Potenzen ist ein anderes
Wesentliches; also die Wahrung eines Gleichseins potentia bei einer
Bauverschiedenheit der Partialsysteme actu. Jede embryologische
Theorie muß das verständlich machen; wir kommen darauf zurück.
Noch einmal sei erwähnt, daß nur an Materie verwirklicht
gedachte Entwicklung ontologisch studiert werden kann, wobei
freilich, ganz wie bei analytischer Mechanik, für die allgemeine
Ontologie „Materie“ nur Etwas im Raume zu sein braucht. Und
unter den materiellen Entwicklungen ist es wieder die personale,
welche recht eigentlich behandelbar ist. Von empirischen Ent-
wicklungswissenschaften ist also die Embryologie in erheblichem
Maße sozusagen ontologisch durchtränkbar; Phylogenie und Ge-
schichte sind es so wenig, daß sich hier, soweit ich sehe, einstweilen
noch nicht einmal der Versuch lohnt.

Aufgabe IV.
In den Aufgaben I, II und III sind, um einen kurzen Ausdruck
zu gebrauchen, lediglich evolutive Formprobleme behandelt wor-
den: bestimmte Anordnungen der Materie waren jeweils die End-
zustände der Entwicklung. Ontologisch „verständlich“ gemacht
wurden aus dem Gebiete des Biologischen also auch nur Form-
geschehnisse. Wir können nun mit unserer Ontologie der Ent-
wicklung noch einen Schritt weiter gehen:
 
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