Sitzungsberichte der
Heidelberger Akademie der Wissenschaften

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Alfred von Domaszewski :

Tacit. ann. 1, 10 Lollianas Vcirianasque clades.
Sueton. Aug. 23 Lollianam (cladem) maioris infamiae quam
detrimenti.
Der Ort der Niederlage ist nach den Sitzen der germanischen
Stämme der Niederrhein. Die Grenzverteidigung war in jener
Zeit, ehe Drusus die zusammenhängende Kette von Kastellen
zum Schutze des Grenzstromes errichtete1, in der Weise geordnet,
daß am Flusse selbst nur an den Endpunkten der Hauptstraßen
Auxilia in großen Lagern versammelt standen2, während die
Legionslager tiefer im Innern erbaut waren. Das Lager der Legio V
in dieser Zeit wird aber bezeichnet durch einen altertümlichen
Grabstein.
G. I.L.XII1 8711 (Heerlen) M. Iulius M. f. missus3 leg(ione)
V h(ic) s(itus) e{st) h(eres) f(aciundum) c{uravit).
Gewöhnlich nimmt man an, daß die Legio V der Clades
Lolliana identisch ist mit der legio V Alaudae, die beim Tode des
Augustus am Niederrhein stand. Aber diese Legion ist, wie die
L, erst nach der Varusschlacht aus Spanien herbeigerufen worden4.
Vielmehr bedeutete der Verlust des Adlers den sacralen Tod der
Legio V in der Clades Lolliana5. Demnach stand im Jahre 16 v. Chr.
eine sonst unbekannte Legio V im Rheinheere. Es wird dies die
Legio V urbana sein, die noch in der Schlacht bei Actium gefochten
hatte6.
Aus Properz lernen wir, daß nach der Niederlage der Reiterei,
die den Germanen den Weg am Grenzstrom verlegen wollte, das
Lager der Legio V im Innern des Landes in einem Überfall erstürmt
wurde. Der Primipilus Gallus fand bei der Verteidigung des
Adlers und der Signa in dem blutigen Gemetzel auf der Via prin-
cipalis7 seinen Tod.
Liegt also der Schatten der Clades Lolliana über der ganzen
Dichtung, so erklärt sich auch die Warnung des Astrologen in
den Schlußworten
150 octipedis cancri terga sinistra time.
1 Florus 2, 30, 26.
2 Westd. Zeitschr. 21, 186 f.
3 Rangordnung 78.
4 Westd. Zeitschr. 21, 192. Rangordnung 176.
5 Abh. z. röm. Rel. 9.
6 Neue Heidelb. Jahrb. 4, 181.
7 Neue Heidelb. Jahrb. 9, 145.