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Koch, Hugo; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 22. Abhandlung): Kallist und Tertullian: ein Beitrag zur Geschichte der altchristlichen Bußstreitigkeiten und des römischen Primats — Heidelberg, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.37699#0063
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Kallist und Tertullian.

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viel mehr der Fall. Der Urheber des Erlasses kann also nicht,
wie Esser meint, Zephyrin sein1.
III. Der in der Schrift De pudicitia angeredete Gegner.
1. Man war bisher so ziemlich allgemein der Anschauung,
daß der in De pudicitia bekämpfte, 13, 7 als „bonus pastor et
benedictus papa“ verspottete, 21, 5 mit „apostolice“ angeredete
Bischof eben der ,,pontifex maximus, quod est episcopus episcopo-
rum“ sei, dessen „Edikt“ den Zorn Tertullians aufs höchste gesteigert
hatte (1, 6). Esser aber sucht in seiner neuesten Schrift den
Beweis dafür zu erbringen, daß der Adressat nicht der römische
Bischof und Urheber des „Ediktes“, sondern der Bischof von
Karthago und seine Gemeinde sei. Allgemein gesprochen sei zwar
De pud., wie Tertullian selber sage (1, 10), gegen die „Psychiker“
d. h. gegen die, den montanistischen Spiritualismus ablehnende,
katholische Kirche gerichtet, speziell aber gelte die Polemik der
Schrift den Gegnern, denen Tertullian ins Angesicht schaute, der
Gemeinde, die ihn aus ihrer Gemeinschaft ausgeschlossen hatte,
also der Kirche von Karthago mit ihrem Bischof an der Spitze2.
Da der Kampf sich in Karthago abgespielt habe, werde es schon
von vornherein durch die Lage nahe gelegt, daß er nicht an Born,
sondern an seine Gegner in Karthago denke. Es werde aber auch
ausdrücklich von ihm De pud. 1, 10 bestätigt: Erit igitur et hic
adversus psychicos titulus, adversus meae quoque sententiae retro
penes illos societatem, quo magis hoc mihi innotamlevitatisobjectent.
1 Adam (S. 35 A. 1) meint, daß die Ordination von digamen Priestern
in Afrika nicht unter römischem Einfluß, sondern durch Anschmiegung an
die mildere Sitte der griechisch-orientalischen Kirchen mehr und mehr Übung
geworden sei. Es ist aber nicht einzusehen, warum die afrikanische Kirche
zu einer solchen Anschmiegung geneigter gewesen sein sollte als die römische,
und nicht wahrscheinlich, daß die Nachsicht von Afrika nach Rom gegangen
sein sollte. Zudem ist die mildere Übung der griechischen Kirche, die darin
bestand, daß man zwischen digamia vor und nach der Taufe einen Unterschied
machte (Döllinger, Hippolytus und Kallistus, 1853, 140ff.), erst in späterer
Zeit nachweisbar. Und der Schluß Adams aus De monog. 12 auf eine milde
Handhabung in Afrika schon vor Kallist beruht auf irriger Zeitfolge.
2 Mehr oder weniger im gleichen Sinne äußerten sich Bruders (Ztschr.
für kath. Theol., 1911, 79ff.), Adam (Tüb. theol. Quartalschr.,[l912, 206 u. 209)
und Bardenhewer (Gesch. d. altkirchl. Lit. II2, 1914, 423 u. 636f.). In
seiner neuesten Schrift aber sieht Adam im karthagischen Bischof nicht bloß
den Adressaten von De pud., sondern auch den Urheber des „Edikts“.
 
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