Metadaten

Koch, Hugo; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 22. Abhandlung): Kallist und Tertullian: ein Beitrag zur Geschichte der altchristlichen Bußstreitigkeiten und des römischen Primats — Heidelberg, 1920

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37699#0073
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Kallist und Tertullian.

69

daß Tertullian gerade sie zum Gegenstand seiner Streitschrift
machte. Verschiedene Begründungen mögen mit dem „Edikte“
aus Rom gekommen sein, andere aus kirchlichen Kreisen Afrikas
stammen. Tertullian faßt sie alle zusammen und widerlegt sie
dem Urheber des „Ediktes“, in dem er das Urbild eines „Psy-
Chikers“, eines katholischen Kirchenmannes und Bischofs, erblickt
und bekämpft1.
Gegner in der Schrift De pud. ist also der Urheber
des „Ediktes“ und mit ihm jeder nach seinem Beispiele
handelnde katholische Bischof und jeder damit ein-
verstandene Katholik.

IV. Das ,,Edikt“ und der römische Primat.
In Sachen des römischen Vorranges versteht es die katholische
Theologie, von Dornen Trauben und von Disteln Feigen zu
sammeln. So ist selbst die dornige und distelige Schrift De pud.
zum Erweise dieses Vorranges verwertet worden. Aber auch auf
protestantischer Seite wurde Tertullian schon in ähnlichem Sinne
gedeutet.
1. Schon die Wendungen „edictum peremptorium“ und „ponti-
fex maximus quod est episcopus episcoporum“ (De pud. c. 1)
werden zugunsten des Primates ausgebeutet. Esser (Katholik
1902, II, 218f.; Schrift 1915, 6f.) liest aus diesen Wendungen
heraus, daß die römische Kundgebung dem Tertullian von seinen
karthagischen Gegnern als endgültige, jede Einrede abschneidende
1 H. y. Soden in der Theol. Litztg., 1916, 173: „Tertul ian schreibt
nicht gegen einen Bischof, weder den von Rom noch den von Karthago,
sondern gegen die ,Psychiker‘, ihre laxe Moral und die klerikale Anmaßung,
hinter der sie sich mit einem Schein des Rechtes verbirgt. Die dabei erörterten
ethischen und biblischen Argumente sind in dem damals allerorten geführten
Streit geläufig. Man darf aus ihnen allerdings nicht das römische Edikt oder
einen Kommentar dazu rekonstruieren, wie jetzt wohl allgemein zugestanden
ist; man darf sie aber ebenso wenig irgend einem andern Bischof ad personam
vindizieren, was methodisch auf denselben Fehler hinauskommt.“ Dabei
kommen aber die offenbar auf einen Bischof zielenden Bemerkungen — De pud.
13,7 (,,bonus pastor et benedictus papa contionaris“), 21, 5f. („quod si
disciplinae solius officia sortitus es nec imperio praesidere, sed ministerio“)
und 21, 9f. — nicht zu ihrem Rechte. Kellner (BKV., Tertullian II, 365)
glaubt, daß Tertullians Schrift beide Bischöfe treffe, den von Rom, der das
Edikt erlassen, und den von Karthago, der es veröffentlicht habe.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften