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Jacobs, Emil [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 24. Abhandlung): Untersuchungen zur Geschichte der Bibliothek im Serai zu Konstantinopel, 1 — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37730#0019
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Alte und neue Märchen.

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etwas nicht, aber wahrscheinlich ist in der Tat, daß der Sultan
nach 1467 hauptsächlich im Neuen Serai residiert hat. Die älteste
Beschreibung, die wir von diesem Neuen Serai haben, die Beschrei-
bung des Giovanni Maria degli Angiolelli, der 1474—1481 zur
nächsten Umgehung Mehemmeds gehörte, lehrt, daß die Grund-
anlage dieses Serais noch heute besteht: drei Höfe, von denen der
dritte die eigentliche Wohnung des Sultan umfaßt1. Hier also,
zuvor im Eski Serai, hätte man sich die früheste „Bibliothek des
Serai“ vorzustellen.
In diesem Neuen Serai nun befindet sich, wie bekannt, eine
Büchersammlung, eine Sammlung von Handschriften, darunter
zahlreiche griechische Handschriften und einige in anderen okziden-
talischen Sprachen. Die größere Mehrzahl derselben wird heute in
dem von Ahmed III. 1719 erbauten Bibliothekskiosk im dritten Hofe
aufbewahrt (Plan: 10). In diesem Neuen Serai, zumTeil in dem ge-
nannten Kiosk, befinden sich auch die Überreste einer Bücher-
sammlung, darunter griechische Handschriften, aus dem Besitz
Sultan Mehemmed II., des Eroberers! Das war bisher nicht
bekannt. Den Beweis dafür wird der zweite Teil dieser Unter-
suchungen erbringen2.
Wenn es aber feststeht, daß sich von Anbeginn an im Neuen
Serai eine Büchersammlung, griechische Handschriften befunden
haben, so hat doch, ich wiederhole es, bis zum Ende des 16. Jahr-
hunderts niemand, wenigstens kein Okzidentale, etwas davon
gewußt. Die Zeugnisse, die dieser Behauptung zu widersprechen
scheinen, sind späte Erfindungen, Märchen, wie ihre Prüfung
gleich zeigen wird.
I.
1. Alte und neue Märchen über die Seraibibliothek. —
2. Das Schweigen der Handschriftensammler des XVI. Jahr-
hunderts über sie.
1.
Constantin Ti schendorf hat 1844 an weithin sichtbarer Stelle,
in der (Augsburger) Allgemeinen Zeitung folgendes drucken lassen:
1 Edition de J.-M. Angiolello (1452—1525) I. Ses Manuscrits inedits
p. p. Jean Reinhard. Besan$on 1913, 8. 50ff. — Auf die Persönlichkeit wie
auf die Schrift komme ich im zweiten Teil dieser Untersuchungen ausführ-
lich zurück.
2 Ygl. vorläufig unten S. 113.
 
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