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Jacobs, Emil [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 24. Abhandlung): Untersuchungen zur Geschichte der Bibliothek im Serai zu Konstantinopel, 1 — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37730#0090
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Dominico von Jerusalem.

die Liebhaber schöner Bücher die heißesten Kämpfe geführt. Ein
Handbuch für die gemeinsame Leidenschaft rief des Sultans Geheiß
ins Leben. Murad ist es gewesen, der Mustafa Defteri, als Dichter
Ali Efendi genannt, den Auftrag erteilte, Qutbeddins von Jesd
50 Biographien der Nestaliq-Meisterschreiber Persiens ins Türkische
zu übertragen. Das gab Mustafa den Anlaß sein weit umfang-
reicheres, noch heute trotz mancher Irrtümer und Fehler grund-
legendes Werk Menaqib-i hünerweran, „Meisterschaften der Ver-
dienstvollen“ d. h. Biographien von Buchkünstlern zu verfassen, in
dessen ersten vier Abschnitten die Kalligraphie der verschiedenen
Schriftarten, im fünften die Vergolder, Verzierer, Buchmaler, Buch-
binder, insgesamt 286 Künstler behandelt werden1. Es ist Sultan
Murad gewidmet, wie billig2. Persien, die Heimat und ruhmvollste
Pflegestätte orientalischer Schönschreibekunst, hat, wie man an-
nehmen darf, dem erfolgreichen hohen Beschützer der türkischen
Tochterkunst gewiß eine besondere Aufmerksamkeit erweisen
wollen, als es 1582 in seinem Gesandten Ibrahim Chan Eltschi eine
als Sammler kalligraphischer Meisterwerke wie als ausübender Buch-
künstler gleich berühmte Persönlichkeit in Konstantinopel vor
Murad erscheinen ließ3. Von des Sultans eigenem Können zeugen
noch heute in der Sophienkirche, die ihm neben zwei ihrer Minarete
und den beiden Alabastervasen in der Nähe des Haupteinganges
eine gründliche Ausbesserung verdankt, die zu beiden Seiten der
Wölbung der Gebetsnische (mihrab) in der Apsis hängenden kalli-
graphischen Gemälde4.
Jetzt ist völlig verständlich, warum Sultan Murad jene auf
feinstem Pergament mit Goldschrift geschriebenen, kostbar gebun-
denen griechischen Handschriften so peinlich liebevoll hüten ließ!
1 v. Hammer: Geschichte des osmanischen Reiches, Bd. 4, Pest 1829,
S. 234; Gl. Huart : Les Calligraphes et les Miniaturistes de l’Orient musulman,
Paris 1908 S. 6f., 235; S. 12ff. — Inhaltsverzeichnis des Werkes: B. Dorn,
Die berühmtesten mohammedanischen Schönschreiber, in: Bulletin de la
classe historico-philologique de l’academie imperiale de St. Petersbourg, T.10,
Petersburg-Leipzig 1853, Nr. 5, S. 65 ff.; über den Verfasser: v. Hammer,
Geschichte der osmanischen Dichtkunst, Bd. 3, Pest 1837, S. 115ff.
2 Huart a. a. O. S. 124.
3 Huart a. a. O. S. 233f.; v. Hammer a. a. O. S. 234.
4 Huart a. a. O. S. 124; K. Süssheim in: Enzyklopädie des Islam,
Bd. 1, 1913, S. 547. — Daß Buchbinder und Papierfärber in dem großen
Aufzug beim Beschneidungsfest von 1582 neben allen anderen Zünften eben-
falls erscheinen (Hammer a. a. O. 4, S. 130), scheint mir kaum etwas beson-
deres und nicht mit Murads Bücherliebhaberei in Verbindung zu bringendes.
 
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