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Warburg, Aby Moritz; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 26. Abhandlung): Heidnisch-antike Weissagung in Wort und Bild zu Luthers Zeiten — Heidelberg, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.37732#0058
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58

A. Warburg:

Es ist wissenschaftlich längst festgestellt, daß die römischen
Wahrsagekünste durch Etrurien unmittelbar mit der babyloni-
schen Wahrsagetechnik Zusammenhängen. Daß aber die Verbin-
dung von Asarhaddon zu Kaiser Maximilian über 2000 Jahre
sich so lebendig hielt, liegt neben der Sorgfalt der gelehrten Anti-
quare vor allem an dem inneren urmenschlichen Zwang zu mytho-
logischer Verursachung. Indessen ist die Überwindung des baby-
lonischen Geisteszustandes auf Dürers Stich doch eigentlich schon
vollzogen: Die Inschrift fehlt, Nergal-etir = Brant finden keinen
Raum mehr für ihre Weissagungsdeutung. Das naturwissenschaft-
liche Interesse an der Erscheinung führt den Stichel.

Das arabische astrologische Handbuch ,,Picatrix“ und
der Planetenglauben hei Albrecht Dürer: Saturn und
Jupiter in der „Melencolia. I“, in Lichtenbergers Prophe-
zeiung und bei Luther.
Wir verdanken es der entsagenden Gelehrsamkeit meines zu
früh verstorbenen Freundes Carl Giehlow106, wenn wir eine helle-
nistisch-astrologische, durch die Araber vermittelte Idee als einen
gemeinsamen Grundgedanken zwischen Dürers Melancholie (Abb.
26) und Lichtenbergers Practica aufdecken können. Saturn und
Jupiter in ihrer Gegenwirkung geben das verbindende Glied.
Zunächst ein nur äußerer Anhaltspunkt der Zusammen-
gehörigkeit: Maximilian war mit dem Geist Lichtenbergers schon
dadurch vertraut, daß dessen Quelle, jene Prognostica des Paul
von Middelburg ihm gewidmet war. Und zu der Frage der Heilung
der saturninischen Melancholie Stellung zu nehmen, gab ihm auch
rein äußerlich die Frage nach dem Wesen seines mythischen Vor-
fahren, des ägyptischen Hercules, über den Peutinger ihm ein
Gutachten im Anschluß an die Problemata des Aristoteles erstattete,

hrsg. von Th. Siebs, Bd. XIII/XIV, Breslau 1911), S. 256. — Morris
Jastrow jr., Babylonian-Assyrian Birth-Omens and their cultural significance
(Religionsgesch. Versuche und Vorarbeiten XIV, 5, Gießen 1914), S. 10;
ebendort S. 73 ff. über Lycosthenes.
i°6 x)ürers Stich ,,Melencolia. I“ und der maximilianische Humanisten-
kreis, in: Mitteilungen d. Ges. f. vervielfält. Kunst 1903, S. 29/41; 1904,
S. 6/18, 57/78. Der Neudruck dieser Studie wird hoffentlich — wie ver-
sprochen — erfolgen.
 
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