Heidnisch-antike Weissagung in Wort und Bild zu Luthers Zeiten. 61
Handschrift in Rom, ergänzt durch die Manuskripte in Wien,
Wolfenbüttel und Krakau115, die auf „Picatrix“ zurückgehen,
finden sich nun neben diesen entarteten, im Kern jedoch deut-
lich antikhn Figuren-Bildern eben jene Zahlentafeln mit
genauer Anweisung des Gebrauchs als direkt zusammengehörig.
Ficinos Bildermagie und Agrippas Zahlenquadrate gehören also
als späte Ausläufer uralter, heidnischer Praktik wesentlich
zusammen, da sie eben in der durch die Araber vermittelten
hermetischen Heilmagie einheitlich wurzeln.
Weiterhin wäre gegen Giehlows Zurückhaltung einzuwenden,
daß, wenn der saturninische Mensch diese Zahlentafel mit ihren
eigentümlichen mathematischen Rythmen gleichsam nur als Symbol
seines Erfinder-Genies zur Schau stellen sollte, er doch die Zahlen-
tafel des Saturn zeigen müßte und nicht die des Jupiter. Denn
diese erhält jedenfalls erst durch den Gedankenkreis der Iatro-
Astrologie ihren eigentlichen Sinn an dieser Stelle.
Der recht eigentlich schöpferische Akt, der Dürers ,,Melen-
colia. I“ zum humanistischen Trostblatt wider Saturnfürchtig-
keit macht, kann erst begriffen werden, wenn man diese magische
Mythologik als eigentliches Objekt der künstlerisch-vergeisti-
genden Umformung erkennt. Aus dem kinderfressenden, finsteren
Planetendämon, von dessen Kampf im Kosmos mit einem anderen
Planetenregenten das Schicksal der beschienenen Kreatur abhängt,
wird bei Dürer durch humanisierende Metamorphose die plastische
Verkörperung des denkenden Arbeitsmenschen.
Daß wir mit dieser Analyse der ,,Melencolia. F‘ aus dem Geist
der Zeitgenossen heraus sprechen, dafür findet der Verfasser nach-
träglich eine Bestätigung bei Melanchthon, der Dürers Genie
als erhabenste Form der durch günstige Gestirnstellung vergei-
stigten, eigentlich trübsinnigen Melancholie auffaßt. Melanchthon
sagt: De Melancholicis ante dictum est, horum est mirifica uarietas.
Primum illa heroica Scipionis, uel Augusti, uel Pomponij Attici, aut
Dureri generosissima est, et uirtutibus excellit omnis generis,
schaftlichen Blätter aus der Veitei Heine Ephraimsehen Lehranstalt, Berlin
1862, S. 31, 47, 83) zitiert Alfonso ausdrücklich als Gewährsmann in dem
oben (S. 41 Anm. 76) genannten Libro de los Ymagines (Reg. 1283) und im
Lapidario.
115 Reg. 1283, Codex Vind. 5239 und Codex Guelferbit. 17. 8. Aug. 4°. Im
Text zum Jupiterquadrat heißt es im Vind. Bl. 147v: Et si quis portauerit eam
qui sit infortunatus fortunabitur de bono in melius Eficiet.
Handschrift in Rom, ergänzt durch die Manuskripte in Wien,
Wolfenbüttel und Krakau115, die auf „Picatrix“ zurückgehen,
finden sich nun neben diesen entarteten, im Kern jedoch deut-
lich antikhn Figuren-Bildern eben jene Zahlentafeln mit
genauer Anweisung des Gebrauchs als direkt zusammengehörig.
Ficinos Bildermagie und Agrippas Zahlenquadrate gehören also
als späte Ausläufer uralter, heidnischer Praktik wesentlich
zusammen, da sie eben in der durch die Araber vermittelten
hermetischen Heilmagie einheitlich wurzeln.
Weiterhin wäre gegen Giehlows Zurückhaltung einzuwenden,
daß, wenn der saturninische Mensch diese Zahlentafel mit ihren
eigentümlichen mathematischen Rythmen gleichsam nur als Symbol
seines Erfinder-Genies zur Schau stellen sollte, er doch die Zahlen-
tafel des Saturn zeigen müßte und nicht die des Jupiter. Denn
diese erhält jedenfalls erst durch den Gedankenkreis der Iatro-
Astrologie ihren eigentlichen Sinn an dieser Stelle.
Der recht eigentlich schöpferische Akt, der Dürers ,,Melen-
colia. I“ zum humanistischen Trostblatt wider Saturnfürchtig-
keit macht, kann erst begriffen werden, wenn man diese magische
Mythologik als eigentliches Objekt der künstlerisch-vergeisti-
genden Umformung erkennt. Aus dem kinderfressenden, finsteren
Planetendämon, von dessen Kampf im Kosmos mit einem anderen
Planetenregenten das Schicksal der beschienenen Kreatur abhängt,
wird bei Dürer durch humanisierende Metamorphose die plastische
Verkörperung des denkenden Arbeitsmenschen.
Daß wir mit dieser Analyse der ,,Melencolia. F‘ aus dem Geist
der Zeitgenossen heraus sprechen, dafür findet der Verfasser nach-
träglich eine Bestätigung bei Melanchthon, der Dürers Genie
als erhabenste Form der durch günstige Gestirnstellung vergei-
stigten, eigentlich trübsinnigen Melancholie auffaßt. Melanchthon
sagt: De Melancholicis ante dictum est, horum est mirifica uarietas.
Primum illa heroica Scipionis, uel Augusti, uel Pomponij Attici, aut
Dureri generosissima est, et uirtutibus excellit omnis generis,
schaftlichen Blätter aus der Veitei Heine Ephraimsehen Lehranstalt, Berlin
1862, S. 31, 47, 83) zitiert Alfonso ausdrücklich als Gewährsmann in dem
oben (S. 41 Anm. 76) genannten Libro de los Ymagines (Reg. 1283) und im
Lapidario.
115 Reg. 1283, Codex Vind. 5239 und Codex Guelferbit. 17. 8. Aug. 4°. Im
Text zum Jupiterquadrat heißt es im Vind. Bl. 147v: Et si quis portauerit eam
qui sit infortunatus fortunabitur de bono in melius Eficiet.