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Ficker, Johannes; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 5. Abhandlung): Hebräische Handpsalter Luthers — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37682#0012
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12

Johannes Ficker:

vielfach den Text der Vulgata mit der Übersetzung des Hieronymus,
aber über alle diese vermittelnden Autoritäten greift er stetig
zurück auf den hebräischen Wortlaut1. Die Besonderheiten des
von ihm benützten Textes liegen zutage. Man kann schon aus der
Behandlung von 22, 17 und der nachdrücklichen Hervorhebung
der jüdischen Lesart auf seine Ausgabe schließen2. Immerhin
könnte das noch eine Erinnerung an die sehr sorgfältige Ausein-
andersetzung in den Operationes in psalmos sein3. Aber Ps. 9, 15
gibt den sichern Ausweis. Hier übersetzt Luther im Unterschied
von den lateinischen Texten: omnem laudem tuam. Das ist der
Text des hebräischen Psalters von 15164. Das Danziger Exemplar
des Frobensehen Psalters ist also zusammen mit den Wittenberger
Drucken des deutschen und des lateinischen auf der Feste Koburg
in seinen Händen gewesen und hat ihm mit dem Texte und seinen
Randglossen gedient, als er, abermals in die Berg- und Burg-
einsamkeit gewiesen, seine gesammelte Arbeit der Bibel zuwendete,
jetzt dem Alten Testamente, wie einst auf der Wartburg dem Neuen
und da wie dort der Verdeutschung und Erklärung der Psalmen.
Wenn die Linie, bis zu der Luthers Noten verwendet worden
sind, durch die im Anschluß an die neue Psalterrevision von 1531
sich bemerkbar machenden Summarien zu den Psalmen sichtbar
1 Durchweg werden hebräische Worte angeführt: W. A. 31, I, S. 276.
279 und oft. Manche Einträge im lateinischen Handpsalter (1529) sind bei
dieser neuen Durcharbeitung der Psalmen von Luther gemacht worden.
2 Judaei hunc locum male corrumpunt et virtute literarum freti non
legunt „foderunt“, sed „sicut leo manus mea et pedes mei“.
Im Psalterium von 1516 steht im Texte der berühmten Stelle IISS,
am Rande: Jud. (in einigen Exemplaren erscheint neben dem Chirek-
punkte ein zweiter Punkt; das ist aber nur Unsauberkeit des Druckes),
und in der Danziger Glosse ist an der Stelle dazu bemerkt: sicut leo.
3 W. A. 5, S. 632 ff.
* Luthers Handexemplar der Brescianer Ausgabe der hebräischen Bibel,
1494, in der Königlichen Bibliothek in Berlin (s. Franz Delitzsch in der
Allgem. Evangelisch-Lutherischen Kirchenzeitung, 1883, Lutherfestnummer,
S. 7f.; Bachmann, Alttestamentliche Studien, 1894, S. 101 ff., mit einer
photographischen Probe; einige Lesarten des Bibeltextes auch bei Freier,
Luthers Bußpsalmen und Psalter, S. 54 ff. Die fast über den ganzen Text, aber
sehr ungleich verteilten Einträge Luthers sind aus verschiedenen Zeiten,
keiner, so scheint mir, vor den zwanziger Jahren) liest hier im Texte den Plural,
s. de Rossi, Variae lectiones Veteris Testamenti IV, 1788 z. St. Auch in
Ps. 10,4 hat Luther secundum = 5 des Psalteriums 1516 beibehalten,
W. A. 31, I, S. 296; vgl. seine Bemerkung über die Lesart 5 der Brescianer
Bibel W. A. 5, S. 331.
 
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