Charles Rogier.
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es aber sonst nicht an überzeugten Republikanern. Rogier selbst
ward neben La Fayette, Chateaubriand als Präsident in Aussicht
genommen. Noch gefährlichere Bewegungen machten sich geltend,
die alle Errungenschaften der Revolution gefährden konnten.
Anarchistische Umtriebe, Umtriebe der Annexionisten, die einen
unmittelbaren Anschluß an Frankreich verlangten, Umtriebe der
Örangisten, die auch in England Anhang hatten, die keck in Gent
einen Militärputsch wagten. Auch an bizarren Einfällen fehlte es
nicht. Wünschte ein Schlauberger den Papst als Souverän des
neuen Staates, so wollte Gendebien die Krone dem Könige von
Sachsen verschaffen, der die Rheinprovinz im Austausch gegen
sein Königreich mitbringen solle.
Rogier war sich darüber klar, wie teuer es Belgien bezahlen
mußte, daß es so spät seinen König bekam. Mit der größten Energie
bekämpfte er die Kandidatur des Herzogs von Leuchtenberg,
trat er für den Herzog von Nemours ein. In seiner großen Rede
vom 2. Februar 1831 ertönt ein begeistertes Lob der Heimat der
großen Revolution, die in der Juliumwälzung leise nachgeklungen
hat. Da zu seinem Kummer die Krone keinem belgischen Prinzen
gegeben werden kann, der als Teilnehmer der Revolution ihr
bester Vertreter und Bürge sein würde, kommt nur ein Fürsten-
sohn aus dem benachbarten Frankreich in Betracht. ,,Nous
avons ä cöte de nous une nation amie, avec laquelle nous avons
dejä ete reunis en famille, ä qui nous devons le signal de notre
emancipation, et probablement son maintien; un peuple qui nous
offre, avec beaucoup d’egards, meme origine, memes moeurs,
meine langue, meme religion, memes interets commerciaux, meines
interets politiques, . meme Situation enfin vis-ä-vis de la vieille
Europe.“ Wallone in Art und Unart, durch Kindheitserinnerungen
an Frankreich gefesselt, denkt hier Rogier gar nicht an die Flamen
im Lande, erwähnt sie mit keinem Worte. Von Frankreich her
erwartet er das Heil: das Königtum des Sohnes eines gewählten
und volkstümlichen Königs, den selbst eine Revolution geschaffen
hat, sichert seiner Meinung nach auch Belgien vor der Einverleibung
in die französischen Departements.
Groß war die Freude, als der Sohn Louis Philippe’s den Sieg
in dem Wahlgang davontrug (am 4. Februar 1831), groß die
Enttäuschung, als die Ablehnung durch den König erfolgte und
das Doppelspiel der französischen Regierung offenbar wurde. Der
Mißerfolg der ,,Provisorischen Regierung"' war zu groß, als daß
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es aber sonst nicht an überzeugten Republikanern. Rogier selbst
ward neben La Fayette, Chateaubriand als Präsident in Aussicht
genommen. Noch gefährlichere Bewegungen machten sich geltend,
die alle Errungenschaften der Revolution gefährden konnten.
Anarchistische Umtriebe, Umtriebe der Annexionisten, die einen
unmittelbaren Anschluß an Frankreich verlangten, Umtriebe der
Örangisten, die auch in England Anhang hatten, die keck in Gent
einen Militärputsch wagten. Auch an bizarren Einfällen fehlte es
nicht. Wünschte ein Schlauberger den Papst als Souverän des
neuen Staates, so wollte Gendebien die Krone dem Könige von
Sachsen verschaffen, der die Rheinprovinz im Austausch gegen
sein Königreich mitbringen solle.
Rogier war sich darüber klar, wie teuer es Belgien bezahlen
mußte, daß es so spät seinen König bekam. Mit der größten Energie
bekämpfte er die Kandidatur des Herzogs von Leuchtenberg,
trat er für den Herzog von Nemours ein. In seiner großen Rede
vom 2. Februar 1831 ertönt ein begeistertes Lob der Heimat der
großen Revolution, die in der Juliumwälzung leise nachgeklungen
hat. Da zu seinem Kummer die Krone keinem belgischen Prinzen
gegeben werden kann, der als Teilnehmer der Revolution ihr
bester Vertreter und Bürge sein würde, kommt nur ein Fürsten-
sohn aus dem benachbarten Frankreich in Betracht. ,,Nous
avons ä cöte de nous une nation amie, avec laquelle nous avons
dejä ete reunis en famille, ä qui nous devons le signal de notre
emancipation, et probablement son maintien; un peuple qui nous
offre, avec beaucoup d’egards, meme origine, memes moeurs,
meine langue, meme religion, memes interets commerciaux, meines
interets politiques, . meme Situation enfin vis-ä-vis de la vieille
Europe.“ Wallone in Art und Unart, durch Kindheitserinnerungen
an Frankreich gefesselt, denkt hier Rogier gar nicht an die Flamen
im Lande, erwähnt sie mit keinem Worte. Von Frankreich her
erwartet er das Heil: das Königtum des Sohnes eines gewählten
und volkstümlichen Königs, den selbst eine Revolution geschaffen
hat, sichert seiner Meinung nach auch Belgien vor der Einverleibung
in die französischen Departements.
Groß war die Freude, als der Sohn Louis Philippe’s den Sieg
in dem Wahlgang davontrug (am 4. Februar 1831), groß die
Enttäuschung, als die Ablehnung durch den König erfolgte und
das Doppelspiel der französischen Regierung offenbar wurde. Der
Mißerfolg der ,,Provisorischen Regierung"' war zu groß, als daß