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Immisch, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 7. Abhandlung): Agatharchidea — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37684#0005
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Agatharchidea.

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mann erhobenen Posidonius, verantwortlich zu machen, dieser
Versuch Mutschmanns (Herrn. 52, 1917, bes. 190ff.; in bezug
auf die Schrift 'vom Erhabenen’ waren freilich Norden, Agn.
Theos 104ff. und Jäger, Nemesios 23 ff. voraufgegangen, wie
anderseits jetzt Schmid, Rhein. Mus. 72, 1918, 249 ihm zuzu-
stimmen scheint, desgl. Rudberg, Forschungen zu Poseidonios
1918, 131, 144 ff.) mußte scheitern, wie so Adele, die diesem einzigen
Namen anheften wollen, was des ganzen Zeitgeistes ist; vgl. be-
züglich der fraglichen ästhetischen Theorie gegen Mutschmann
jetzt auch Kroll, a. a. 0. und die Gegenbemerkung des gefallenen
Mutschmann im Sokr. 6, 318f. Die Neigung, bedeutsame Per-
sönlichkeiten an die Steile von bedeutsamen Richtungen zu
setzen, ist für unsere Gegenwart sehr bezeichnend und ehrt sie
auch; vielfach freilich verbindet sich damit ein merkwürdiges
Huldigungsbedürfnis, als wirke in dieser Hinsicht eben jenes Stück
Orient nach, das im Hellenismus und insbesondere in der Persön-
lichkeit des Posidonius selbst mit im Spiele war. — Was nun jene
ästhetischen Theorien angeht, so sind gewiß auch sie technisch
systematisiert worden, aber, wie vollkommen deutlich ist, keines-
wegs nur einmal und mit eindeutiger, als vorbildlich empfundener
Autorität. Wer auch nur das in den zitierten Schriften gesammelte
Material überblickt, sieht leicht, wie verschieden ένάργεια gefaßt
wird. Einmal ist’s eine bloße Stilfigur, vorzugsweise (mit dem
πιθανόν vereint) gerade in der verstandesmäßigsten der drei
Stilgattungen heimisch, im skeptisch-kühlen γένος ισχνόν (z. B.
Demetrius 208ff.). Quintilian, der ένάργεια auch so kennt (8, 3,
61 ff.), zeigt gleichwohl in anderem Zusammenhänge (6, 2, 25 ff.,
bes. 32ff.), es sei der Ausdruck eigener Leidenschaft, die Er-
leb theit des Dargestellten das Entscheidende1, und dies führt auf
eine ganz verschiedenartige, auf eine nicht mehr intellektualistische
sondern emotionale Kunstauffassung. Das ist aber dieselbe, von
der es in dem lehrreichen Kapitel von den Definitionen der Rhetorik
heißt: quidam artem quidem, sed a scientia et virtute disiunctam
(2, 15, 2). Diese rein ästhetische und nicht mehr heteronome,
diese innerhalb der im Altertum die Kunst so weithin beherr-
schenden intellektualistischen und moralistischen Befangenheit
außerordentlich bemerkenswerte Auffassung liegt wirklich vor
beim Verfasser περί υψους. Denn der hat geradezu πειθώ, πιθανόν
1 Vgl. auch Jensen, Neoptolemos und Horaz, Abh. d. Berl. Akademie
1918, Nr. 14, 36.
 
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