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Ehrismann, Gustav; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 8. Abhandlung): Studien über Rudolf von Ems: Beiträge zur Geschichte d. Rhetorik u. Ethik im Mittelalter — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37685#0106
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106

Gustav Ehrismann:

dinc ie lieber ist, so der Ion ie grcezer wirt 4444 f.; vgl. auch 447
bis 484. 595 f. 1862—1868 (hier und 1888 sind die drei Werte
des ritterlichen Tugendsystems guot, ere [hier = Ruhm], got bezw.
sele, ere, Up mit einbezogen) 6734—6743. Hoffart und Demut sind
im Verhalten des Menschen die ethischen Gegensatzwerte für die
metaphysischen Gegensatzideen Welt und Gott, Hoffart ist die
Eigenschaft der Kinder der Welt, Demut die der Kinder Gottes.
Der Kaiser, als rüemessere (6728) ein Diener der Hoffart, hat zum
Lohn den Preis der Welt, nur durch Buße kann er wieder ze guotem
löne kommen 561—566, 6803—6808; der Kaufmann aber, der dem
Lohne Gottes Genüge tut, indem er die Gesinnung eines reinen
Herzens sich zu erringen sucht, dem wird ewiglich gelohnt mit
der Krone des Himmelreiches 537—548, vgl. 794—801. Denn wer
sich demütig erniedrigt, der wird erhöhet werden 4322—4328.
Den Kaufmann stellt die Stimme Gottes dem Kaiser als Muster
vor, denn er hat ihm besser gedient 567—596. Vor Gott aber
sind alle Menschen gleich.
Gerhard ist ein Entsagender, aber er ist es nicht geworden
durch die Erfahrungen eines schicksalsreichen Lebens, sondern
er verzichtet mit Bewußtheit, gleichsam intellektuell, durch die
Gebote der Religion belehrt; zweckbewußt in richtiger Abschät-
zung der ethischen Werte gibt er die weltlichen Güter, Reichtum,
Glück, Macht, hin für die geistigen, für Gott und die himmlische
Seligkeit. Seine Weltentsagung ist nicht Weltverachtung. Er hält
auf würdige Lebensführung, er ist ein schöner Mann von ehrbarem
Anstand und feiner Sitte, er kleidet sich reich, er erweckt sogar
des Kaisers Aufmerksamkeit durch sein höfisches Benehmen (765
bis 812). Der Dichter hat in ihm ein Beispiel des in der Welt
lebenden Menschen gezeichnet, der seinen irdischen Beruf und
zugleich die Gebote Gottes erfüllt. Welt und Gott vereinigt er in
sich dadurch, daß er die beiden Mächte, zwischen die der Mensch
zwiespältig hineingestellt ist, in richtigem Maße ausgleicht, indem
er die Weltlust dem Seelenheil hintanstellt. Das ist das Sitten-
gesetz des Laien. Ausgesprochen ist die Lebensanschauung Ger-
hards besonders in den Versen 6733—6744: Got . . gebe uns saelde
und ere (irdische Güter) und ouge uns sölhe lere, daz wir in disen
kurzen tagen die ewiclichen zit bejagen.
Dem Dualismus des Ideengehaltes entsprechend zerfällt auch
die Erzählung in weltliche und religiös-ethische Bestandteile. Das
Gebiet der letzteren hat Rudolf über das durch den Erzählungs-
 
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