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Ehrismann, Gustav; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 8. Abhandlung): Studien über Rudolf von Ems: Beiträge zur Geschichte d. Rhetorik u. Ethik im Mittelalter — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37685#0109
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Studien über Rudolf von Ems.

109

erhebt er Einspruch — reine Frauen zu scheiten ist nach dem
höfischen Ehrenkodex grobe Zuchtlosigkeit (Wilmanns, Leben
Walthers S. 237, 2. Aufl. S. 259) — und setzt dieser Verläumdung
umgekehrt in blühender Sprache, einem Minnesänger gleich, einen
Hymnus auf die Frauenherrlichkeit entgegen. Indem er so für
sein ritterliches Ideal eintritt, verteidigt er die Lebensanschauung
seines Standes und das Recht der freieren weltlichen Sittlichkeit
gegenüber der asketischen Mönchsmoral seiner Quelle. Freilich
darf man diese Äußerung seiner Überzeugung nicht als ein Zeichen
besonderen Freimutes ansehen, denn eine derartige Verteidigung
des Frauencharakters ist nicht unkirchlich, selbst ein so unerbitt-
licher Eiferer wie Heinrich von Melk will von den edeln Frauen
nichts Übles sagen (Erinnerung 340). — Gerhard und Josaphat, beide
dienen Gott in Aussicht auf Belohnung mit der himmlischen Wonne.
Aber der Laie vollbringt zugleich seine Pflichten gegen die Welt,
deren höchste ist, Unglück zu lindern, der Asket sorgt nur um sein
Seelenheil. Gerhard ist Nathan der Weise, Josaphat kann man
dem Derwisch vergleichen.
Auch in den beiden weltlichen Romanen läßt Rudolf seine
persönliche Lebensanschauung stark mitschwingen. Es sind Ideal-
bilder für die ritterliche Gesellschaft. Das erstrebte Ziel ist zu-
nächst ein rein irdisches: den Preis der Welt erwerben. Die Aufgabe,
die der Dichter im Alexander sich stellt, spricht er im I. Prolog
aus: und wil iu bescheiden hie an dirre äventiure, wie ein der tugent-
richste man der ritters namen ie gewan dirre weite pris erwarp . .
wie im besunder wart erkorn der weite hcehestiu werdekeit usw. 41—56.
ferner 12941. 12955.15646. 20586. Der tugentriche Alexander (71 L),
zugleich der sseldenrtche 20564 (Junk S. 456), ist ein Muster für
den ritterlichen Mann, die Dichtung ein Bildungsroman für die
Aristokratie: daz sin lop, sin name, sin leben an lobe ze mäze ist ge-
geben den tumben und den wisen 51 f., auch 12961—12964. Er ist der
höchste Typus des ritterlichen Helden, der wunderliche (admirabilis)
71—74. 87 f., der wise wunder sere 15792. 15812. 15828 (Junk S.461),
vgl. ferner 13021.13025.13040; der Übermensch, der mit kr eften über -
want elliu künecriche 13022L, unz er mit höher werdekeit den namen
und den pris erstreit daz er hiez monarchus, der name betiutet sich
alsus: vürste aller kiinege einer . . 15653 — 15660; der in verschlossene
Weltteile, in die Tiefen der Meere und an die Pforten des Para-
dieses gedrungen, dem der höchste Ruhm und unbegrenzte Macht
zuteil geworden sind. Alexander ist aber dem' Mittelalter
 
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