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Lohmeyer, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 9. Abhandlung): Vom goettlichen Wohlgeruch — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37686#0016
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16

Ernst Lohmeyer:

Die allgemeine Anschauung, die dieser Erzählung von der
Empfängnis der Königin zugrunde hegt, ist die gleiche wie in Hellas.
Der Wohlgeruch macht der Königin das Nahen des Gottes kund;
er ist ein Zeichen seiner Epiphanie.
Mannigfach kehrt das Symbol in den religiösen Urkunden
des mittleren und neuen Reiches wieder:
„Die Majestät dieses Gottes kam zu der geheiligten Barke
des Herrn der Ewigkeit. die Ufer des Flusses waren iiber-
strömt, mit seinem Wohlgeruch und den Düften von Punt.“1
In dem Kairener Hymnus an Amon-Re wird der Gott ge-
priesen2:
„Heil Dir, Amon-Re, Herr von Karnak . . . dessen Geruch
die Götter lieben, wenn er aus Punt kommt ; reich an Wohlgeruch,
wenn er (von) den Matoi herabsteigt.
Ihm schafft die Wüste Silber und Gold . . . .; Wohlgeruch und
Weihrauch vermischt bei den Matoi.“
Wie die Götter des Himmels, so umhüllt Wohlgeruch auch
den lebendigen Gott auf Erden, den König; der Glaube an die
Göttlichkeit des Herrschers ist ja eines der wesentlichsten und
ältesten Merkmale der ägyptischen Religion. So heißt es von
der Königin Hatschepsut3:
„Köstliche Myrrhe ist auf ihren Gliedern, ihr Wohlgeruch ist
himmlischer Tau, ihr Duft ist gemischt mit (den Düften von)
Punt.“
Nach diesen Zeugnissen4 ist in Ägypten wie später in Griechen-
land der Wohlgeruch der Götter ein Merkmal ihres Wesens, ein
1 Inschrift der Abydos-Stele bei Breasted, Records I, 762. Zeit:
zwischen mittlerem und neuem Reich.
2 Übersetzung von Roeder, Urkunden zur Religion des alten Ägypten.
Jena 1915, p. 5. 7.
3 Bei Breasted, Records II, 274; aus der Schilderung der großen Expe-
dition nach Punt. Zeit: 18. Dynastie.
4 Die „süße Luft“ der Gottheit, die in einigen der ägyptischen Psalmen
aus der thebanischen Totenstadt begegnet (bei Erman, Denksteine aus der
thebanischen Gräberstadt, in den Sitzungsberichten der Berliner Akademie,
1911, XLIN, p. 1086ff.; vgl. auch Gunkel, Ägyptische Psalmen, Frankfurter
Zeitung vom 3. Februar 1912, Nr. 33, 1. Morgenblatt; Breasted, The Deve-
lopment of Religion and Thought in Ancient Egypt, Neuyork 1912, S. 349ff.),
gehört kaum in diesen Zusammenhang. Es ist ein Symbol von allgemeinerer
Prägung, hergenommen von dem kühlenden Nordwind, der größten Er-
quickung des Ägypters.
 
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