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Lohmeyer, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 9. Abhandlung): Vom goettlichen Wohlgeruch — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37686#0029
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Vom göttlichen Wohlgeruch.

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Daß diese Vorstellung mehr ist als Volksaberglaube an magische
Wirkung des gottgeweihten Opfers, zeigt noch klarer eine wenig
beachtete Stelle bei Josephus. Josephus schildert den festlichen
Zug, der die heilige Lade in den neuerbauten Tempel zu Jerusalem
überführt (Ant. VIII, 101. 102 Niese):
προήγον δέ μετά θυσιών αύτός τε βασιλεύς καί, ό λαός άπας καί
οί Λευΐται σπονδαίς τε καί πολλών ιερείων α'ίματι την όδον καταντλουντες
καί θυμιώντες άπειρόν τι θυμιαμάτων πλήθος, ώς άπαντα τον πέριξ
άέρα πεπληρωμένον καί τοΐς πορρωτάτω τυγχάνουσιν ήδύν άπαντάν
καί γνωρίζειν επιδημίαν θεού καί κατοικισμδν κατ’ άνθρωπίνην δόξαν
εις νεοδόμητον αύτώ καί καθιερωμένο'; χωρίον.
Was bei Jesus Sirach nur verglichen wurde, das ist hier gleich-
gesetzt; der Duft des Weihrauchs, der Gott dargebracht wird,
ist der Duft Gottes, in dem Gottes Dasein auf Erden selbst kund
wird. Die Gleichsetzung des von Menschen Gott Geweihten mit
dem den Menschen von Gott Enthüllten ruht auf der Anschauung,
daß nicht der Mensch Gott opfert, sondern — um es mit einem
Worte aus der spätjüdischen Abraham-Apokalypse auszudrücken1
- „Du, Gott, hast das Opfer dir selbst durch mich bereitet“2.
So ist der Duft, in dem sich das Opfer auflöst, und im besonderen
der Duft des geweihten Räucherwerks3 ein Zeichen des auf Erden
gegenwärtigen Lebens Gottes; überall, wo Gott zu Ehren Opfer-
duft zum Himmel steigt, ist Gott epiphan; ja, Gott ist selbst der
„angenehme Weihrauchduft des Menschen“4. Aber auch dieser
neue Gedanke ist nicht sinnlich lebendig geworden; er kann
gelegentlich zu reiner Allegorie verwandt werden: „Gott läßt seine
Befehle aufsteigen als einen süßen Duft, der alle Tage vor ihm

1 Apok. Abr. 17; nach der Übersetzung von N. Bonwetsch, Studien
zur Geschichte der Theologie und Kirche I, 1. Leipzig 1897.
2 Das ist im Grunde ein mystischer Gedanke, der auch in den Hermeti-
schen Schriften begegnet; vgl. Corpus, hermet. XIII, 18.
3 Über das Hervortreten des Rauchopfers im Judentum, vgl. Schmitz,
Die Opferanschauung des späteren Judentums, 1910, S. 93f., 165f., 183.
4 Ätiop. Paral. Jer. 9; s. auch die griechische Version, in der Gott
entsprechend „θυμίαμα των δένδρων ζώντων“ heißt. Wie nahe sich diese Vor-
stellung mit den oben S. 19ff. gekennzeichneten ägyptischen Gedanken
berührt, ist einleuchtend, ohne daß sich Anhaltspunkte finden, um diese
Analogie in Genealogie umzudeuten.
 
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