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Friedrich Brie:
sie zu veröffentlichen wagten. Schon die Zeugnisse in Briefen
und Tagebüchern weisen nach dieser Richtung. Wainewright,
der Ästhet, Dandy, Maler, Kunstkritiker, Essayist und Mörder,
war ein Mensch, der jeder Art von lustvollen Emotionen nach-
jagte. Unter seinen Schilderungen phantastischer Üppigkeiten
finden wir exotistische Neigungen jeder Richtung, Verherrlichung
des Orients und der Antike sowie der Visionen des Opium-
rausches. In einer Weise, die schon völlig zu Gautier hinüber-
leitet, weiß er sich selbst zu vergleichen und zu identifizieren
mit den berühmten Gestalten vergangener wollüstiger Kulturen.
Auf Grund von Erinnerungen an Opiumvisionen beschreibt, er in
seinen Essays, wie er in wollüstiger Bequemlichkeit in seinem
Zimmer sitzt, umgeben von Kunstwerken, Wohlgerüchen und
süßen Klängen und nun in den visionären Zustand hinüber-
gleitet49: then do I riot in immeasurable delight — 1 am great
as Sardanapalus —- I hold Sir Epicure Mammon50 in contempt
— I am a concentration of all the sultans in the Arabktzn Nights.
Everything and every body seem couleur de rose! the coffee is
exquisitely fragrant; the salver and spoons become guilt, the
Worcester chinci the rarest oriental. My interesting young
friend . ... is Mendaus’ Helen — and the Maraschino, flaming
and' dancing in its crystal bounds, becomes Nepenthes.51
Mit Beckford teilt Wainewright den Hang zum exotischen
Luxus, zu seltsamen, künstlichen Farbeneffekten und zu unge-
wöhnlichen Simiesempfmdungen; aber er unterscheidet sich von
ihm, indem er in stärkerem Grade als Beckford vergangenen
Kulturen, vor allem der Antike und der italienischen Renaissance,
einen persönlichen, überschwenglichen Wert beimißt. Die Be-
wunderung ist derart, daß der Leser - wenn auch vergeblich
jeden Augenblick jene kritische Gegenüberstellung der antiken
Kultur mit der Gegenwart erwartet, die wir in so ausgeprägtem
40 Exhibition of the Royal Academy, London Magazine, July 1821 (HAZ-
L1TT, a. a. 0., 139ff.).
50 Der wollüstige Prahlhans in Ben Jonston’s Alchemist.
54 Vgl. damit die Schilderungen, von der Wirkung des Haschisch bei
Baudelaire in Les Paradis artificiels (Oeuvres completes IV, 205 ff.), wo alle
Gegenstände der Umgebung dem Trunkenen in neuer, wunderbarer Verklärung
erscheinen. — Einwirkung von Opiumträumen liegt vermutlich auch vor bei
der Schilderung der combination öf luxuries, zu der WAINEWRIGHT durch eine
Interpretation Correggios geführt wird (London Magazine,. September 1821;
HAZL1TT, s. 174).
Friedrich Brie:
sie zu veröffentlichen wagten. Schon die Zeugnisse in Briefen
und Tagebüchern weisen nach dieser Richtung. Wainewright,
der Ästhet, Dandy, Maler, Kunstkritiker, Essayist und Mörder,
war ein Mensch, der jeder Art von lustvollen Emotionen nach-
jagte. Unter seinen Schilderungen phantastischer Üppigkeiten
finden wir exotistische Neigungen jeder Richtung, Verherrlichung
des Orients und der Antike sowie der Visionen des Opium-
rausches. In einer Weise, die schon völlig zu Gautier hinüber-
leitet, weiß er sich selbst zu vergleichen und zu identifizieren
mit den berühmten Gestalten vergangener wollüstiger Kulturen.
Auf Grund von Erinnerungen an Opiumvisionen beschreibt, er in
seinen Essays, wie er in wollüstiger Bequemlichkeit in seinem
Zimmer sitzt, umgeben von Kunstwerken, Wohlgerüchen und
süßen Klängen und nun in den visionären Zustand hinüber-
gleitet49: then do I riot in immeasurable delight — 1 am great
as Sardanapalus —- I hold Sir Epicure Mammon50 in contempt
— I am a concentration of all the sultans in the Arabktzn Nights.
Everything and every body seem couleur de rose! the coffee is
exquisitely fragrant; the salver and spoons become guilt, the
Worcester chinci the rarest oriental. My interesting young
friend . ... is Mendaus’ Helen — and the Maraschino, flaming
and' dancing in its crystal bounds, becomes Nepenthes.51
Mit Beckford teilt Wainewright den Hang zum exotischen
Luxus, zu seltsamen, künstlichen Farbeneffekten und zu unge-
wöhnlichen Simiesempfmdungen; aber er unterscheidet sich von
ihm, indem er in stärkerem Grade als Beckford vergangenen
Kulturen, vor allem der Antike und der italienischen Renaissance,
einen persönlichen, überschwenglichen Wert beimißt. Die Be-
wunderung ist derart, daß der Leser - wenn auch vergeblich
jeden Augenblick jene kritische Gegenüberstellung der antiken
Kultur mit der Gegenwart erwartet, die wir in so ausgeprägtem
40 Exhibition of the Royal Academy, London Magazine, July 1821 (HAZ-
L1TT, a. a. 0., 139ff.).
50 Der wollüstige Prahlhans in Ben Jonston’s Alchemist.
54 Vgl. damit die Schilderungen, von der Wirkung des Haschisch bei
Baudelaire in Les Paradis artificiels (Oeuvres completes IV, 205 ff.), wo alle
Gegenstände der Umgebung dem Trunkenen in neuer, wunderbarer Verklärung
erscheinen. — Einwirkung von Opiumträumen liegt vermutlich auch vor bei
der Schilderung der combination öf luxuries, zu der WAINEWRIGHT durch eine
Interpretation Correggios geführt wird (London Magazine,. September 1821;
HAZL1TT, s. 174).