20
E. Frh. y. Künssberg:
I häubel di, i häubel di,
Der Stein steht in der Erde,
Und was no net ghäubelt ist.,
Muß heut no ghäubelt werde1.
Wenn in Brandenburg der neue Besitzer auf den Grenzhügel
gesetzt wird2, so kann der Brauch sich wohl aus dem Stauchen
entwickelt haben, daraus abgeblaßt sein; dieser Sitzritus wird
aber als Symbol der Besitzergreifung empfunden worden sein.
§24. Kinder, die in einem Jahre die Opfer waren, werden schon
dafür gesorgt haben, daß im nächsten Jahr andere daran kamen
und die Sitte nicht ausstarb; denn dann konnten sie auch die
Genugtuung haben, mitlachen zu können. Mit der Erinnerung an
die schmerzhafte und beschämende Behandlung verknüpfte sich
aber die an den Grenzverlauf, insbesondere an den so gefährlichen
Grenzstein. Die Dalkinger wußten es gut, weshalb sie von altersher
den Brauch gehalten, daß sie keinen zu einem „Untergänger“
annahmen, er sei denn allda zu Dalkingen geboren und erzogen und
ein Dalkinger Kind3.
§ 25. c) Es gab aber ein noch drastischeres Mittel, die Erinnerung
an ein Ereignis, eine Tatsache, festzuhalten und das waren Prügel,
Rutenstreiche. Diese sollen nun nicht bloß ein Gedächtnisbehelf
sein, sondern auch gleichzeitig ein erziehliches und abschreckendes
Mittel. Am deutlichsten zeigt sich dies, wenn jugendliche Zeugen
§26. einer Hinrichtung etwas abbekamen. Baluzius4 berichtet aus
Frankreich, daß zu seiner Zeit (17. Jhd.) in manchen Gegenden
die Eltern ihre Kinder mitnehmen, wenn eine Hinrichtung statt-
findet und während der Vollstreckung die Kinder mit Ruten
streichen, damit sie vor dem größeren Unglück behütet werden.
Gleichfalls aus dem 17. Jahrhundert wird uns ein Fall aus Han-
nover überliefert, aus Meinersen. Nach der Hinrichtung eines
Vatermörders wurden einige von den zuschauenden Bauernsöhnen
durchgeprügelt5.
§ 27. Auch bei der Grenzbegehung kam Prügeln von Zeugen vor,
1 Th. Knapp, a. a. O. I, 146.
2 Mielke, BrandenbVk. 107.
3 WürttLändlRQ. I, 298.
4 Grimm, RA4 I, 199, Anm.
5 v. Bar, Gesch. d. Strafrechts I, 142. Pritschstreiche an Kinder zum
Gedächtnis bei Errichtung eines Galgens. 1743 in Reichsstadt. Mitt. d.
nordböhm. Exkursionsklubs 19 (1896), 363.
E. Frh. y. Künssberg:
I häubel di, i häubel di,
Der Stein steht in der Erde,
Und was no net ghäubelt ist.,
Muß heut no ghäubelt werde1.
Wenn in Brandenburg der neue Besitzer auf den Grenzhügel
gesetzt wird2, so kann der Brauch sich wohl aus dem Stauchen
entwickelt haben, daraus abgeblaßt sein; dieser Sitzritus wird
aber als Symbol der Besitzergreifung empfunden worden sein.
§24. Kinder, die in einem Jahre die Opfer waren, werden schon
dafür gesorgt haben, daß im nächsten Jahr andere daran kamen
und die Sitte nicht ausstarb; denn dann konnten sie auch die
Genugtuung haben, mitlachen zu können. Mit der Erinnerung an
die schmerzhafte und beschämende Behandlung verknüpfte sich
aber die an den Grenzverlauf, insbesondere an den so gefährlichen
Grenzstein. Die Dalkinger wußten es gut, weshalb sie von altersher
den Brauch gehalten, daß sie keinen zu einem „Untergänger“
annahmen, er sei denn allda zu Dalkingen geboren und erzogen und
ein Dalkinger Kind3.
§ 25. c) Es gab aber ein noch drastischeres Mittel, die Erinnerung
an ein Ereignis, eine Tatsache, festzuhalten und das waren Prügel,
Rutenstreiche. Diese sollen nun nicht bloß ein Gedächtnisbehelf
sein, sondern auch gleichzeitig ein erziehliches und abschreckendes
Mittel. Am deutlichsten zeigt sich dies, wenn jugendliche Zeugen
§26. einer Hinrichtung etwas abbekamen. Baluzius4 berichtet aus
Frankreich, daß zu seiner Zeit (17. Jhd.) in manchen Gegenden
die Eltern ihre Kinder mitnehmen, wenn eine Hinrichtung statt-
findet und während der Vollstreckung die Kinder mit Ruten
streichen, damit sie vor dem größeren Unglück behütet werden.
Gleichfalls aus dem 17. Jahrhundert wird uns ein Fall aus Han-
nover überliefert, aus Meinersen. Nach der Hinrichtung eines
Vatermörders wurden einige von den zuschauenden Bauernsöhnen
durchgeprügelt5.
§ 27. Auch bei der Grenzbegehung kam Prügeln von Zeugen vor,
1 Th. Knapp, a. a. O. I, 146.
2 Mielke, BrandenbVk. 107.
3 WürttLändlRQ. I, 298.
4 Grimm, RA4 I, 199, Anm.
5 v. Bar, Gesch. d. Strafrechts I, 142. Pritschstreiche an Kinder zum
Gedächtnis bei Errichtung eines Galgens. 1743 in Reichsstadt. Mitt. d.
nordböhm. Exkursionsklubs 19 (1896), 363.