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E. Frh. v. Künssberg:
Taufe und Beichte, wählen einen Bischof1 und parodieren die
Predigt2.
Wir können also nur etwa in Form einer Museumswanderung
die Schatzkammer rechtlicher Bräuche, die uns das Kinderspiel
und Kinderbrauch bewahrt haben, kennen lernen. Freilich emp-
fiehlt es sich, dabei eine Ordnung nach dem Rechtsstoffe vorzu-
nehmen, der darin ersichtlich wird. Wir beginnen mit öffentlichem
Becht, behandeln dann die privatrechtlichen Erinnerungen, dann
die Nachahmungen und Parallelen aus dem Strafrecht und schließen
mit prozeßrechtlichen Bruchstücken.
61. 1. ln mancherlei Kinderspruch und Spiel gibt es Kaiserwürde
und Königtum. So in dem Auszählversehen, das die Standes-
gliederung vergangener Jahrhunderte wiederspiegelt, so gleich-
gültig dem gesunden Kindersinne sonst soziale Schichtungen sind:
„Kaiser, König, Edelmann, Bürger, Bauer, Bettelmann“3. Auch
die Schweiz, die etwa ein halb Jahrtausend vom Beich losgelöst
1 Beim Gregoriusfest, an das fast nur mehr die Gregoribretzeln und
Prüfungswecken erinnern, die an Schulkinder auf Gemeindekosten ausge-
teilt werden. DWB. IV, 1, 6, Sp. 4f. Fehrle, Feste, 7. ,,gregörlen“ Hoff-
mann-Krayer, Feste und Bräuche des Schweizervolkes, 140. Meyer, DVk.
131 f. Wehrhan, Kinderlied 4, S. 71. Boesch, Kinderleben, 75f., 79f., 105.
Rochholz, Alem. Kinderlied, 501 ff. Kneppler, Schulwesen im Elsaß, 433ff.
445. eselbischof, eselpapst Verwys-Verdam, Middelnederl. Woordenb. II,
733. Der Unschuldige Kinder-Tag dürfte ein Nachklang der römischen
Saturnalien sein. Wie in Rom das Verhältnis zwischen Herr und Sklave, so
drehte sich an diesem Tag das zwischen Lehrer und Schüler um. Ein Schulabt,
Schulbischof oder Schulkönig wurde gewählt usw. Ziegler, G. d. Pädagogik4,
1917, S. 28. Ein anderes Bischofspiel („Bischof weihen“ um 1700 Bolte,
ZVk. 19, 405) bestand darin, daß man mit einem nassen Taschentuch leichte
Backenstreiche gab ohne dabei lachen zu dürfen; sonst „Vater Eberhard“
genannt.
Zum episcopus puerorum vgl. auch Moser. G. d. deutschen Musik I. 98.
2 Wehrhan, Kinderlied 4, S. 71. Boesch, Kinderleben, S. 80, wo das
reizende Bild von Chodowiecki. De Cock-Teirlinck, Kinderspel en Kinder-
lust in der Genter Zeitschrift „Volkskunde“ 8, 168ff.; vgl. ebd. 20 (1909),
73ff. Becker, Gebetsparodien in: Volksk. Unters, f. Hoffmann-Kra yer 16ff.
Lauffer, NddVk. 63. Lohre, BrandenbVk. 323.
3 In Sachsen-Altenburg auch mit dem Zusatz: „Schuster, Schneider,
Leineweber, Doktor, Kaufmann, Totengräber“. Eine schwäbische Abart:
„Kaiser, König, Kurfürst, Graf, Edelmann, Bettelmann, Bauer, Soldat“
(SchwäbWB. 4, 149).
Der Berliner Humor machte in der Revolution den Vers
„Kaiser, König, Edelmann
Ebert, Haase, Scheidemann.“
E. Frh. v. Künssberg:
Taufe und Beichte, wählen einen Bischof1 und parodieren die
Predigt2.
Wir können also nur etwa in Form einer Museumswanderung
die Schatzkammer rechtlicher Bräuche, die uns das Kinderspiel
und Kinderbrauch bewahrt haben, kennen lernen. Freilich emp-
fiehlt es sich, dabei eine Ordnung nach dem Rechtsstoffe vorzu-
nehmen, der darin ersichtlich wird. Wir beginnen mit öffentlichem
Becht, behandeln dann die privatrechtlichen Erinnerungen, dann
die Nachahmungen und Parallelen aus dem Strafrecht und schließen
mit prozeßrechtlichen Bruchstücken.
61. 1. ln mancherlei Kinderspruch und Spiel gibt es Kaiserwürde
und Königtum. So in dem Auszählversehen, das die Standes-
gliederung vergangener Jahrhunderte wiederspiegelt, so gleich-
gültig dem gesunden Kindersinne sonst soziale Schichtungen sind:
„Kaiser, König, Edelmann, Bürger, Bauer, Bettelmann“3. Auch
die Schweiz, die etwa ein halb Jahrtausend vom Beich losgelöst
1 Beim Gregoriusfest, an das fast nur mehr die Gregoribretzeln und
Prüfungswecken erinnern, die an Schulkinder auf Gemeindekosten ausge-
teilt werden. DWB. IV, 1, 6, Sp. 4f. Fehrle, Feste, 7. ,,gregörlen“ Hoff-
mann-Krayer, Feste und Bräuche des Schweizervolkes, 140. Meyer, DVk.
131 f. Wehrhan, Kinderlied 4, S. 71. Boesch, Kinderleben, 75f., 79f., 105.
Rochholz, Alem. Kinderlied, 501 ff. Kneppler, Schulwesen im Elsaß, 433ff.
445. eselbischof, eselpapst Verwys-Verdam, Middelnederl. Woordenb. II,
733. Der Unschuldige Kinder-Tag dürfte ein Nachklang der römischen
Saturnalien sein. Wie in Rom das Verhältnis zwischen Herr und Sklave, so
drehte sich an diesem Tag das zwischen Lehrer und Schüler um. Ein Schulabt,
Schulbischof oder Schulkönig wurde gewählt usw. Ziegler, G. d. Pädagogik4,
1917, S. 28. Ein anderes Bischofspiel („Bischof weihen“ um 1700 Bolte,
ZVk. 19, 405) bestand darin, daß man mit einem nassen Taschentuch leichte
Backenstreiche gab ohne dabei lachen zu dürfen; sonst „Vater Eberhard“
genannt.
Zum episcopus puerorum vgl. auch Moser. G. d. deutschen Musik I. 98.
2 Wehrhan, Kinderlied 4, S. 71. Boesch, Kinderleben, S. 80, wo das
reizende Bild von Chodowiecki. De Cock-Teirlinck, Kinderspel en Kinder-
lust in der Genter Zeitschrift „Volkskunde“ 8, 168ff.; vgl. ebd. 20 (1909),
73ff. Becker, Gebetsparodien in: Volksk. Unters, f. Hoffmann-Kra yer 16ff.
Lauffer, NddVk. 63. Lohre, BrandenbVk. 323.
3 In Sachsen-Altenburg auch mit dem Zusatz: „Schuster, Schneider,
Leineweber, Doktor, Kaufmann, Totengräber“. Eine schwäbische Abart:
„Kaiser, König, Kurfürst, Graf, Edelmann, Bettelmann, Bauer, Soldat“
(SchwäbWB. 4, 149).
Der Berliner Humor machte in der Revolution den Vers
„Kaiser, König, Edelmann
Ebert, Haase, Scheidemann.“