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H. v. Schubert und K. Meissinger:
aufforderte, wurde es seinerseits für ihn seihst wieder eine Grund-
lage immer neuer wissenschaftlicher Beschäftigung mit dem heili-
gen Text.
Als wissenschaftliche Arbeit im strengen Sinn muß die akacfe^
mische an den Studenten und für die Studenten und Fachgenossen
gelten. In meiner Erstausgabe der Galaterbriefvorlesung von 1516/7
(Abhandlungen der Heidelb. Akad. 1918) habe ich darauf hinge-
wiesen, daß man auch im ganzen Mittelalter den akademischen
Vorlesungsbetrieb zu unterscheiden hat von den eigentlichen Kom-
mentaren, die freilich vielfach aus jenen herausgewachsen sind,
sich aber an das allgemeine theologische Publikum wenden. Luther
selbst hat nur eine einzige Vorlesung zu einem solchen Kommentar
verarbeitet und 1519 herausgegeben, eben die zum Galaterbrief in den
Anfängen seiner akademischen Entwicklung. Was sich nachher
noch an Kommentaren Luthers findet, ist von anderen zum Kom-
mentar gestaltete Vorlesung, wie der neue Galaterbriefkommentar
von 1535, den Rörer ohne Zutun Luthers auf Grund von dessen
neuer Vorlesung (1531) ausarbeitete. Die Friedrich dem. Weisen
gewidmeten operationes in psalmos (1 — 21) von 1518 — 1521 sind
eine Art Zwischending zwischen Vorlesung und Kommentar, von
ihm selbst für den Druck hergestellte, geglättete Vorlesungen,
worüber unten noch zu reden ist. Im weiteren hat Luther eigene
Vorlesungen nicht selbst mehr für den Druck hergerichtet, aber er
hat es geduldet, daß andere ihre oder fremde Nachschriften
herausgaben und hat sie wohl begutachtet und bevorwortet. Daß
man das überhaupt konnte und damit eine Publikation gewann,
die immerhin einen Kommentar ersetzen konnte, hängt mit der ver-
änderten Vorlesungstechnik zusammen, die unten zu besprechen ist.
Es ist also festzustellen, daß Luther schon sehr bald aufhörte
wissenschaftlich exegetisch für die breite Öffentlichkeit zu arbeiten.
Verschiedene Gründe werden zusammengewirkt haben. Einmal
der nächstliegende: die großen Aufgaben des Tages, die reforma-
torische Tätigkeit nahmen seine Zeit zu sehr in Anspruch, als daß
er die Muße zu der Vertiefung finden konnte, die er von sich selbst
für eine solche Publikation verlangte. Es ist sehr charakteristisch,
wie wenig er stets sich selbst genugtun konnte und wie unzufrieden
er immer mit sich war (vgl. z. B. W. A. V, 2 und ausführlicher
unten). Schon die fortwährenden Unterbrechungen nahmen ihm
die Freude, er konnte nicht darüberbleiben. Wenn andere sich
H. v. Schubert und K. Meissinger:
aufforderte, wurde es seinerseits für ihn seihst wieder eine Grund-
lage immer neuer wissenschaftlicher Beschäftigung mit dem heili-
gen Text.
Als wissenschaftliche Arbeit im strengen Sinn muß die akacfe^
mische an den Studenten und für die Studenten und Fachgenossen
gelten. In meiner Erstausgabe der Galaterbriefvorlesung von 1516/7
(Abhandlungen der Heidelb. Akad. 1918) habe ich darauf hinge-
wiesen, daß man auch im ganzen Mittelalter den akademischen
Vorlesungsbetrieb zu unterscheiden hat von den eigentlichen Kom-
mentaren, die freilich vielfach aus jenen herausgewachsen sind,
sich aber an das allgemeine theologische Publikum wenden. Luther
selbst hat nur eine einzige Vorlesung zu einem solchen Kommentar
verarbeitet und 1519 herausgegeben, eben die zum Galaterbrief in den
Anfängen seiner akademischen Entwicklung. Was sich nachher
noch an Kommentaren Luthers findet, ist von anderen zum Kom-
mentar gestaltete Vorlesung, wie der neue Galaterbriefkommentar
von 1535, den Rörer ohne Zutun Luthers auf Grund von dessen
neuer Vorlesung (1531) ausarbeitete. Die Friedrich dem. Weisen
gewidmeten operationes in psalmos (1 — 21) von 1518 — 1521 sind
eine Art Zwischending zwischen Vorlesung und Kommentar, von
ihm selbst für den Druck hergestellte, geglättete Vorlesungen,
worüber unten noch zu reden ist. Im weiteren hat Luther eigene
Vorlesungen nicht selbst mehr für den Druck hergerichtet, aber er
hat es geduldet, daß andere ihre oder fremde Nachschriften
herausgaben und hat sie wohl begutachtet und bevorwortet. Daß
man das überhaupt konnte und damit eine Publikation gewann,
die immerhin einen Kommentar ersetzen konnte, hängt mit der ver-
änderten Vorlesungstechnik zusammen, die unten zu besprechen ist.
Es ist also festzustellen, daß Luther schon sehr bald aufhörte
wissenschaftlich exegetisch für die breite Öffentlichkeit zu arbeiten.
Verschiedene Gründe werden zusammengewirkt haben. Einmal
der nächstliegende: die großen Aufgaben des Tages, die reforma-
torische Tätigkeit nahmen seine Zeit zu sehr in Anspruch, als daß
er die Muße zu der Vertiefung finden konnte, die er von sich selbst
für eine solche Publikation verlangte. Es ist sehr charakteristisch,
wie wenig er stets sich selbst genugtun konnte und wie unzufrieden
er immer mit sich war (vgl. z. B. W. A. V, 2 und ausführlicher
unten). Schon die fortwährenden Unterbrechungen nahmen ihm
die Freude, er konnte nicht darüberbleiben. Wenn andere sich