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Schubert, Hans; Meissinger, Karl August; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1920, 9. Abhandlung): Zu Luthers Vorlesungstätigkeit — Heidelberg, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.37776#0010
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H. v. Schubert und K. Meissinger:

drücklich (deinde) Römer nach Hebräer und läßt Galater aus. Beide
sind ganz summarisch und vermutlich schlecht aufgefangen. Hinzuzu-
ziehen ist die Tatsache, daß Johann Lang, mit dem Luther gerade in
den Jahren 1516/17 eng zusammenarbeitete, s. Ficker, Hebr. Hand-
psalter Luthers S. 221 (Sitzungsber. d. Heidelb. Akad. 1919), vom Früh-
jahr 1516 an eine Vorlesung über Titus hielt, die ebenso abhängig von
Hieronymus ist wie Luthers Vorlesung über den Galaterbrief, die er
ein halbes Jahr darauf begann (vgl. auch Oldecop, Chronik S. 47: He
was de Luthers negeste rat. De begunde de epistel Pauli ad titum to
lesende, und ik was ok sin tohorer. Aber dar was nicht sunderlichs an
ome). Mir ist also am wahrscheinlichsten, daß Luther mit Freunden
bezw. im Kloster mit fratres, jedenfalls mit Lang 1516 Titus traktierte
und Längs Vorlesung aus diesen gemeinsamen Studien entstand, vgl.
die völlige Abhängigkeit der Römerbriefvorlesung Längs von der
Jjuthers, auf die der mit dem Inhalt bekannte Meissinger aufmerksam
macht. Somit könnte die von Ficker beabsichtigte Ausgabe der Lang-
schen Titusvorlesung einen Blick auch in Luther sehe Titusstudien tun
lassen. Haben sich diese Studien zu wirklichen pralectiones vor den
fratres verdichtet, so würde man eine Parallele zu den Mönchsvorlesun-
gen über das Richterbuch haben, die doch mindestens auf Luther-
schem Material aufgebaut sind (W. A. IV, 529f.). Allein schon die
eingesprengten deutschen Stücke, besonders so charakteristische wie
5558 34, 5732, 5795, beweisen es. Die Berührungen mit anderen Stellen
rücken sie in die Frühzeit, das Zitat aus Erasmus (S. 5697, nicht 610,
wie S. VIII angegeben) führt auf Überarbeitung nach 1529. Die Selbst-
bezeichnung als Misnensis S. 5 764 ist angesichts der Stelle Enders I, 34
(s. Hering, Der Streit über die Echtheit eines Lutherfundes. Theol.
St. u. Krit. 1885, S. 547) kein Beweis gegen Luthers Autorschaft, trotz
Denifle, L. und Luthertum I, 53, der aber mit seinem Nachweis stärk-
ster Benutzung Augustins, namentlich der Traktate zu Johannes, die
Argumente gegen jene wesentlich vermehrt hat und es nur für „sicher“
hält, daß der Verfasser Luthers Mitbruder in Wittenberg war, der seine
Vorlesungen gehört, sich manches notiert, allein nicht alles verstanden
habe: „Die letzten von ihm besuchten Vorlesungen mögen die über den
Hebräerbrief gewesen sein, sie regten ihn vielleicht an, selbst über das
Richterbuch zu lesen.“ Stellen wie S. 538g. 54616f 44711usw. lassen deut-
lich denCharakter alsKlostervorträge erkennen1. Sie fallen also für die aka-
demische Tätigkeit fort. Und auch auf die flüchtig hingeworfene Notiz
Oldecops (Chronik S. 6) in dem einleitenden Überblick des über Siebzig-
jährigen, er habe außer dem Psalterium und dem Römerbrief auch den
Korintherbrief bei Luther gehört, ist gar nichts zu geben: er hat auch
den Psalter nicht gehört, denn S.45 sagt er, daß er nachWittenbergSonntag
1 Die Sache bedarf einer erneuten genaueren Untersuchung.
 
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