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H. v. Schubert und Meissinger:
dictata et collecta gebrauchen1. Es kam für den Hörer also alles
darauf an, daß er mitkam; er mußte ab kürzen, sich eine Steno-
graphie angewöhnen, dann beim Überlesen nach dem eigenen
Gedächtnis nachtragen oder, wenn ihm viel darauf ankam, auch
noch andere Hefte zu Rate ziehen. In alledem war Georg Rörer
unübertroffener Meister2. Seine Kollegnachschriften sehen nicht
oder nur wenig anders aus als seine Predigtnachschriften, die ja
wahrlich auch keine Diktate Luthers sind. Auch Stephan Roth
führte eine gewandte Feder und hatte eine schnelle Auffassungs-
kraft. Von ihm stammen die Vorlesungen über die Kleinen Pro-
pheten, die wieder vor den genannten gehalten wurden, die ersten
die er nach den Sturmjahren 1521 ff., von 1524 an las. Ich kann
Koffmane nicht zustimmen, wenn er hier S. XXXIVf. von
Diktat spricht, freilich von so schnellem, daß der Schreiber sehr
oft nicht mitkam und mitten im Satze abbrach, um den nächsten
nicht ganz zu verlieren. Die Nachschrift einer Stunde ist so
umfangreich, daß der Herausgeber selbst meint, auf eine volle
Stunde, nicht bloß dreiviertel schließen zu müssen. Ich habe auch
die Zwickauer Handschriften eingesehen und vermag zu keinem
anderen Ergebnis zu kommen. Zu Habakuk 2, 5 — 16 (nicht 5,
2—16 wie Koffmane sagt) finden sich hier aus irgend welchen
Gründen zwei Relationen, eine von eigener, eine von fremder Hand
1 Wie die Ausgaben des 2. und 9. Psalms von Veit Dietrich und Joh.
Freder; E. A. opp. exeg. XXIII, 299. Gerade die Vorrede des Herausgebers
zu der letzteren Schrift zeigt durch die Charakteristik der Rörerschen Nach-
schrift (vgl. nächste Note), daß das Wort dictata hier im allgemeineren Sinne
gebraucht sein muß. Vgl. duCange: Dictare, scribere, orationem, epistolam
componere. Nach Tangl, Briefe des Bonifaz S. 123, A. 1 war das Wort der
technische Ausdruck für die Abfassung der Konzepte.
2 Joh. Freder an Amsdorf v. 1. Febr. 1546, opp. ex. XXIII, 300: — non
potuit (R.) ipse ea, quae cursim exceperat describere et ad editionem formare
atque expolire. Quamvis enim mire expedita sit illius in scribendo celeritas
et singularis quaedam dexteritas, tarnen fieri non potuit, ut singula D. Lutheri
verba exciperet et ea, quae in dicendo nihil deformitatis habent, minus gratiae
habitura essent, si eodem modo eademque verborum structura ordinisque
Serie, quae dicta sunt, scriberentur. Ideoque non tantum describendae fuerunt
hae enarrationes, sed et interdum ea, quae assequi manus scribentis non potuit,
sarcienda sententiaeque coaptandae, connectendae atque explendae. Dazu vgl.
Bugenhagen an König Christian von Dänemark (Briefwechsel, hrsgeg. von
Voigt S. 492) vom 26. März 1551: seine eigene Schrift —, darunter viel Wörter
sind nicht vol ausgeschrieben, sondern sind nur Signaturen, die kein ander
lesen kan — Bugenhagen war Rörers Schwager.
H. v. Schubert und Meissinger:
dictata et collecta gebrauchen1. Es kam für den Hörer also alles
darauf an, daß er mitkam; er mußte ab kürzen, sich eine Steno-
graphie angewöhnen, dann beim Überlesen nach dem eigenen
Gedächtnis nachtragen oder, wenn ihm viel darauf ankam, auch
noch andere Hefte zu Rate ziehen. In alledem war Georg Rörer
unübertroffener Meister2. Seine Kollegnachschriften sehen nicht
oder nur wenig anders aus als seine Predigtnachschriften, die ja
wahrlich auch keine Diktate Luthers sind. Auch Stephan Roth
führte eine gewandte Feder und hatte eine schnelle Auffassungs-
kraft. Von ihm stammen die Vorlesungen über die Kleinen Pro-
pheten, die wieder vor den genannten gehalten wurden, die ersten
die er nach den Sturmjahren 1521 ff., von 1524 an las. Ich kann
Koffmane nicht zustimmen, wenn er hier S. XXXIVf. von
Diktat spricht, freilich von so schnellem, daß der Schreiber sehr
oft nicht mitkam und mitten im Satze abbrach, um den nächsten
nicht ganz zu verlieren. Die Nachschrift einer Stunde ist so
umfangreich, daß der Herausgeber selbst meint, auf eine volle
Stunde, nicht bloß dreiviertel schließen zu müssen. Ich habe auch
die Zwickauer Handschriften eingesehen und vermag zu keinem
anderen Ergebnis zu kommen. Zu Habakuk 2, 5 — 16 (nicht 5,
2—16 wie Koffmane sagt) finden sich hier aus irgend welchen
Gründen zwei Relationen, eine von eigener, eine von fremder Hand
1 Wie die Ausgaben des 2. und 9. Psalms von Veit Dietrich und Joh.
Freder; E. A. opp. exeg. XXIII, 299. Gerade die Vorrede des Herausgebers
zu der letzteren Schrift zeigt durch die Charakteristik der Rörerschen Nach-
schrift (vgl. nächste Note), daß das Wort dictata hier im allgemeineren Sinne
gebraucht sein muß. Vgl. duCange: Dictare, scribere, orationem, epistolam
componere. Nach Tangl, Briefe des Bonifaz S. 123, A. 1 war das Wort der
technische Ausdruck für die Abfassung der Konzepte.
2 Joh. Freder an Amsdorf v. 1. Febr. 1546, opp. ex. XXIII, 300: — non
potuit (R.) ipse ea, quae cursim exceperat describere et ad editionem formare
atque expolire. Quamvis enim mire expedita sit illius in scribendo celeritas
et singularis quaedam dexteritas, tarnen fieri non potuit, ut singula D. Lutheri
verba exciperet et ea, quae in dicendo nihil deformitatis habent, minus gratiae
habitura essent, si eodem modo eademque verborum structura ordinisque
Serie, quae dicta sunt, scriberentur. Ideoque non tantum describendae fuerunt
hae enarrationes, sed et interdum ea, quae assequi manus scribentis non potuit,
sarcienda sententiaeque coaptandae, connectendae atque explendae. Dazu vgl.
Bugenhagen an König Christian von Dänemark (Briefwechsel, hrsgeg. von
Voigt S. 492) vom 26. März 1551: seine eigene Schrift —, darunter viel Wörter
sind nicht vol ausgeschrieben, sondern sind nur Signaturen, die kein ander
lesen kan — Bugenhagen war Rörers Schwager.